Hofberichterstattung beim DLF

Graichens Traum von Deutsch­land: Indus­trie­wind­an­la­gen über­all. 1.300 jedes Jahr. Bild aus dem Fim »End of Land­schaft« von Jörg Reh­mann. So sieht das bei Sim­mern im Huns­rück aus.

Dass die Redak­tio­nen nicht weni­ger Medi­en hier­zu­lan­de von Akti­vis­ten aller Cou­leur unter­wan­dert sind, weiß man – oder ahnt es zumin­dest. Nicht immer ist es aller­dings so ein­fach, die sym­bio­ti­sche Bezie­hung von angeb­lich unab­hän­gi­gen »Jour­na­lis­ten« und Lob­by­is­ten nach­zu­wei­sen wie bei die­sem »Inter­view« im Deutsch­land­funk.

Da darf sich Patrick Graichen, Direk­tor des »Think Tank Ago­ra Ener­gie­wen­de«, lang und breit aus­wei­nen, dass es mit dem Aus­bau der Wind­ener­gie nicht vor­an­geht. Unter­stützt von sei­nem ser­vi­len Stich­wort­ge­ber Niklas Pott­hoff bekommt er aus­gie­big Raum, um sei­ne Pro­pa­gan­da zu ver­brei­ten. Klei­ne Gefälligkeit…

So kann Graichen unwi­der­spro­chen bei­spiels­wei­se läng­lich über die Gründ­lich­keit von Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren für neue Indus­trie­wind­an­la­gen lamen­tie­ren, bevor Pott­hoff eil­fer­tig sekun­diert: »Aber war­um hakt es da? War­um wird das so zöger­lich behandelt?«

Graichen erläuft mühe­los und lächelnd den zuge­spiel­ten Ball und hetzt hem­mungs­los gegen Wind­kraft­geg­ner, vor denen »alle« jetzt »Angst haben« und die »sehr orga­ni­siert jetzt durch die Lan­de zie­hen« und mit »sehr pro­fes­sio­nel­lem Rechts­bei­stand da eine Kla­ge nach der ande­ren über neue Geneh­mi­gun­gen ertei­len (sic!)«.

Dann ver­steigt sich Graichen noch zu der Behaup­tung, die deut­schen Geneh­mi­gungs­be­hör­den sei­en durch die­se Kra­wall­brü­der (mei­ne For­mu­lie­rung) regel­recht »ein­ge­schüch­tert«.

Wer da in der Ener­gie­wen­de tat­säch­lich wen ein­schüch­tert, kann man zum Bei­spiel hier nach­le­sen.

Unfass­bar, wie da ein deut­scher Beam­ter – dazu spä­ter mehr – das von der Ver­fas­sung ver­brief­te Recht von Bun­des­bür­gern bewer­tet, sich gegen staat­li­che oder pri­va­te Pla­nun­gen zur Wehr zu set­zen. Und ein soge­nann­ter Jour­na­list lässt ihm die­se Unver­schämt­hei­ten durch­ge­hen, ohne – wenigs­tens! – nachzufragen.

Ja, und das »Pro­blem Natur­schutz«. Da hat der in der Wol­le ener­ge­tisch-grün gefärb­te Graichen eine dezi­dier­te Mei­nung: »Das wird von vie­len Wind­kraft­geg­nern natür­lich auch benutzt, das Argu­ment.« Sub­text: Was für eine per­fi­de Imper­ti­nenz von die­sen Energiewendeverhinderern…

Graichen schreckt nicht mal vor absur­den Ver­schwö­rungs­theo­rien zurück, ohne dass Herr Pott­hoff ein­greift. »Das sind wel­che, die eigent­lich gegen die Ener­gie­wen­de sind, aber dann den Rot­mi­lan vor­schie­ben.«[1]Und den Mäu­se­bus­sard, den See­ad­ler, die Fle­der­mäu­se und nicht zuletzt Mil­li­ar­den von Insek­ten…

Woher weiß Graichen das? Sind das per­sön­li­che Erkennt­nis­se? Ich neh­me an, das kann er alles mühe­los bele­gen!? Fra­gen über Fra­gen. Fra­gen, die eigent­lich Herr Pott­hoff hät­te stel­len *müs­sen*.

Sicher wis­sen wir hin­ge­gen sehr genau, dass Wind­kraft-Pro­fi­teu­re ger­ne mal miss­lie­bi­ge Vögel von poten­ti­el­len Indus­trie­wind­an­la­gen-Stand­or­ten ver­grä­men und ver­trei­ben oder deren Hors­te zer­stö­ren.

Laut Herrn Graichen müs­sen die Rot­mi­la­ne nur noch ler­nen, um die Indus­trie­wind­an­la­gen her­um­zu­flie­gen, wie man dem »Inter­view« ent­neh­men kann. Graichen: »Ist das hier jetzt ein Wind­rad, das hin­passt, und im Rest der Flä­che des Lan­des nicht, so dass der Rot­mi­lan im Rest der Lan­des­flä­che sei­nen Platz bekommt und rund­um den Wind­rä­der der Vor­rang für den Kli­ma­schutz gilt. Die­se Abwä­gung, die haben wir bis­her nicht so rich­tig im Gesetz.«

Was der Mann unter »Abwä­gung« ver­steht, kann ich mir leb­haft vorstellen.

Glei­ches gilt für die »Leit­li­ni­en« – noch so eine Wort­hül­se aus dem Reper­toire von Graichen. Er ver­langt »Leit­li­ni­en für die Aus­le­gung des Natur­schutz­rechts im Kon­text von Wind­kraft­an­la­gen, die bun­des­weit ver­bind­lich gemacht werden.«

Ich über­set­ze das mal: Es geht nicht an, dass jedes Bun­des­land macht, was es will. Wir Grü­ne in Ber­lin möch­ten end­lich ener­gie­po­li­tisch radi­kal durch­re­gie­ren kön­nen. Wenn uns da der Föde­ra­lis­mus im Weg steht, wer­den wir das Hin­der­nis aus dem Weg räu­men. Da neh­men wir kei­ne Rück­sicht auf irgend­wel­che Provinzfürsten.

Soll­ten die Grü­nen poli­tisch wei­ter Ein­fluss gewin­nen, lässt sich den­ken, wie der Zubau von Wind­kraft – Graichen träumt von min­des­tens 1.300 Anla­gen pro Jahr – beför­dert wer­den wird. Soviel immer­hin lässt sich den Wor­ten Graichens ent­neh­men: »Es gibt Bay­ern, die kon­kret gesagt haben, wir machen jetzt hohe Abstands­re­ge­lun­gen von Wind­rä­dern. Das kann man ändern. Das glei­che gilt für Nord­rhein-West­fa­len, das glei­che gilt jetzt hier für Bran­den­burg.« Und dann: »Das ist eine poli­ti­sche Rege­lung.«

Im Klar­text meint Graichen: Das wer­den wir nach der Macht­er­grei­fung sofort ändern…

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https://www.youtube.com/watch?v=TClKa61lCxc

Graichen sieht das Pro­blem als ledig­lich admi­nis­tra­ti­ves Hin­der­nis, das es aus­zu­räu­men gilt.[2]Wenn er sich da mal nicht ver­tut… Die Kom­mu­nen, die er dazu braucht, will er ein­fach kau­fen. »Aber ich (sic!) brau­che eine sehr akti­ve Bun­des­re­gie­rung, die jetzt in die­sem Jahr an das The­ma Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Gesetz her­an­geht, die für mehr Akzep­tanz für Wind­rä­der sorgt, indem man zum Bei­spiel eine kom­mu­na­le Wind­ab­ga­be macht, damit die Kom­mu­nen Geld davon haben, indem man Bür­ger­en­er­gie-Wind­parks för­dert und indem wir beim The­ma Natur­schutz und Kli­ma­schutz bun­des­wei­te Leit­li­ni­en bekom­men.« [3]Wie die­se »Leit­li­ni­en« aus­se­hen sol­len, davon habe ich eine recht kon­kre­te Vor­stel­lung…

Und sein Stich­wort­an­rei­cher Pott­hoff sagt dazu – genau – gar nichts.

Mis­si­on accomplished.

So, nun aber noch ein paar Wor­te zu Herrn Graichen und Ago­ra Ener­gie­wen­de. Die­se Lob­by­is­ten (Brüssel/Berlin) [4]»Ago­ra Ener­gie­wen­de will den Boden berei­ten, damit in den kom­men­den Jah­ren in Deutsch­land die rich­ti­gen ener­gie­po­li­ti­schen Weichen­stellungen erfol­gen. Im Mit­tel­punkt unse­rer Ar­beit steht daher … Wei­ter­le­sen …wer­den aus den Mit­teln einer Stif­tung bezahlt.

Lob­by­ist oder Beam­ter? Man weiß nicht so genau…

Nach Eigen­an­ga­ben ver­fügt Ago­ra Ener­gie­wen­de für den Zeit­raum 2012 bis 2017 über ein stif­tungs­fi­nan­zier­tes Kern­bud­get von rund 14 Mil­lio­nen Euro. Für den Zeit­raum von 2017 bis 2021 ste­hen hier 15 Mil­lio­nen Euro zur Ver­fü­gung. Hin­zu kom­men Dritt­mit­tel zur Finan­zie­rung ein­zel­ner Pro­jek­te.[5]FAQ

Hin­ter Ago­ra Ener­gie­wen­de ste­hen die [wiki base=»DE«]Stiftung Mercator[/wiki] und die [wiki base=»DE«]European Cli­ma­te Foun­da­ti­on (ECF)[/wiki]. Recht­lich ist sie laut Wiki­pe­dia ein Geschäfts­be­reich der gemein­nüt­zi­gen Smart Ener­gy for Euro­pe Platt­form (SEFEP) GmbH. Deren Gesell­schaf­ter sind die Stif­tung Mer­ca­tor mit Sitz in Essen sowie die Euro­pean Cli­ma­te Foun­da­ti­on mit Sitz in Den Haag.

Graichen ist eigent­lich Staats­be­diens­te­ter, Beam­ter. Er ist ledig­lich beur­laubt und hat ein Recht auf Rück­kehr in den Staatsdienst.

Ich bin anschei­nend nicht der ein­zi­ge, dem die Omni­prä­senz die­ses mäch­ti­gen Ver­eins höchst suspekt ist.

Bei den Bun­des­tags­druck­sa­chen fin­den sich zwei auf­schluss­rei­che Doku­men­te. Eine Anfra­ge der FDP von April 2018 – da geht es um Geld­mit­tel, han­deln­de Per­so­nen, sach­li­che und per­so­nel­le Ver­knüp­fun­gen zwi­schen Regie­rung und der Ago­ra Ener­gie­wen­de – und die recht schmal­lip­pi­ge Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung darauf.

Nichts davon erfährt man (natür­lich) beim Deutschlandfunk.

Die sind so dicke mit­ein­an­der, dass ihnen das nicht mal mehr auf­fällt. Das geht schon seit Jah­ren so. [6]Hun­der­te Fund­stel­len Graichen+DLF im Netz; allein 35 auf der Sen­der-Home­page selbst. Hat der da schon einen eige­nen Schreib­tisch?

Mit Jour­na­lis­mus hat das nichts zu tun. Das ist Kumpanei.

Anmer­kun­gen

Anmer­kun­gen
1 Und den Mäu­se­bus­sard, den See­ad­ler, die Fle­der­mäu­se und nicht zuletzt Mil­li­ar­den von Insekten…
2 Wenn er sich da mal nicht vertut…
3 Wie die­se »Leit­li­ni­en« aus­se­hen sol­len, davon habe ich eine recht kon­kre­te Vorstellung…
4 »Ago­ra Ener­gie­wen­de will den Boden berei­ten, damit in den kom­men­den Jah­ren in Deutsch­land die rich­ti­gen ener­gie­po­li­ti­schen Weichen­stellungen erfol­gen. Im Mit­tel­punkt unse­rer Ar­beit steht daher der Dia­log mit wich­ti­gen ener­gie­po­li­ti­schen Akteu­ren dar­über, wie die zen­tra­len Zie­le der Ener­gie­wen­de erreicht wer­den können.
5 FAQ
6 Hun­der­te Fund­stel­len Graichen+DLF im Netz; allein 35 auf der Sen­der-Home­page selbst. Hat der da schon einen eige­nen Schreibtisch?

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