Eines muss man zugeben: Die lippische Prinzenpresse müht sich wirklich redlich ab, den Spruch des Oberverwaltungsgerichtes Münster[1]Beschluss zu dem Plan, den Teutoburger Wald an der Gauseköte mit 13 riesigen Industriewindanlagen optisch und ökologisch zu verhunzen, zu einem großen Sieg hochzuschreiben. Allerdings: Mit der Wahrheit hat das nicht viel zu tun.[2]Neudeutsch heißt das Litigation PR,
Festzuhalten ist zunächst einmal: Sechs der beantragten Anlagen sind chancenlos – dem Militär sei dank. Daraus aber den Schluss zu ziehen, die anderen sieben seien damit quasi abgesegnet und der Kreis Lippe solle sich nach seinem teils (!) kassierten Verfahren nun mal nicht so anstellen und den Rest zügig genehmigen, wäre Wunschdenken. Oder eine (energie-)politisch motivierte Verdrehung der Tatsachen.
Die Zeiten, in denen Anlagenbauer, Windparkbetreiber und Projektentwickler nur „Klimawandel“ rufen mussten und schon klingelte umstandslos die Kasse, sind offensichtlich vorbei. Gut so. Sonst sähe es bald in weiten Teilen des Landes NRW so aus wie im von Windkraft verWÜSTeten Kreis Paderborn. Gruselig. Auch die Gauseköte würde zur Grauseköte.
Dass auch das OVG so seine Bedenken hat hinsichtlich der jüngsten schwarz-grünen politischen Beschlüsse zur Förderung der vorgeblichen Zukunftsenergie (Abstandsgebot etc.), ist in Münster am 16. Februar hinreichend deutlich geworden. Der Allgemeinheit die eigenen, ganz privaten wirtschaftlichen Interessen als Interessen aller zu verkaufen, dürfte nicht mehr ganz so einfach sein.
Ebenso steht die Behauptung im Raum, das Militär – ob deutsch oder britisch – habe in dem neu aufzurollenden Verfahren nichts mehr zu melden. Das warten wir mal ganz gelassen ab.
Für den lippischen Fall gilt das an dieser Stelle schon früher Gesagte: Die Nähe zum Truppenübungsplatz Senne, die nun sechs der Windriesen verhindert, ist ein Sonderfall. Das ist aus Sicht der Gegner vor Ort gut und hilfreich. Es verstellt aber auch ein wenig den Blick auf die eigentlichen Probleme mit solchen irrwitzigen Planungen in einem ökologisch bedeutsamen und aus vielerlei Gründen eh schon gefährdeten Bereich.
Daher gibt es nun keinerlei Anlass für irgendeine Hast – trotz aller mehr oder weniger verkappten Drohungen.[3]Die haben offensichtlich seit langem Methode… Bürgerbeteiligung in den anzuhörenden Kommunen Detmold und Horn-Bad Meinberg tut not und muss vorbereitet werden. Sorgfalt geht vor Geschwindigkeit. Auch wenn manche lieber heute als morgen einen Genehmigungsbescheid in der klammen Hand hielten.
Die Argumente von Heimatbund, Nabu, BUND, Förderverein Nationalpark, Naturschutzkonferenz und anderen gegen die Industriegiganten mit 245 Metern Gesamthöhe (Nabenhöhe schon allein 165 Meter) und 160 Metern Rotordurchmesser[4]80 Meter Radius klingt für die Fans natürlich besser. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt… sind keineswegs schlechter geworden oder gar hinfällig.
Und es geht ja auch nicht nur um die „Windräderchen“, sondern um die ganze dazugehörige Infrastruktur, mit der in Böden und Landschaften massiv eingegriffen wird – zigtausende Tonnen Stahl und Beton, versiegelte Stellflächen, Bau- und Versorgungstrassen, kilometerlange Gräben, Einsatz großer Mengen hochgiftiger und extrem klimaschädlicher Kühlmittel und und und – statt Waldboden und Lebensräumen. Nicht zu reden von den verheerenden Auswirkungen auf die Tierwelt im Betrieb.
Nebenbei gefragt: Wie sieht das eigentlich ganz konkret mit dem Rückbau aus? Der ist ja in der Branche angeblich Standard. Und wer zahlt das bzw. legt schon mal ein bisschen Geld dafür zurück?
Es wäre gut, wenn sich die Diskussion nun wieder um die wahren und schlimmen Folgen einer solchen Horrorplanung wie im Teuto drehen würde.
In Brüssel ist man im Verständnis von echtem Klimaschutz schon viel weiter als in der limitierten Gedankenwelt lippischer Auftragsschreiber. Die Stichworte der Waldstrategie 2030 sind Waldmonitoring, Zustandserhebungen für Boden und Wald, Schadensbehebung. Und wir reden hier über verbindliche Gesetze, nicht nur Absichtserklärungen.
Auch eine Verpflichtung (!) der Waldbesitzer zur Renaturierung und Wiederaufforstung von Kalamitätsflächen stehen auf der Agenda.
Fachminister Cem Özdemir (Grüne): „Unsere Wälder sind wichtige Mitstreiter im Kampf gegen die Klimakrise. Unsere Wälder enden nicht an Staatsgrenzen und das gilt auch für den Schutz des Klimas und der Artenvielfalt. Der Schutz unserer Wälder und deren Anpassung an die Folgen der Klimakrise ist eine gesamteuropäische Herausforderung. Hier ziehen wir mit der EU-Kommission an einem Strang und betonen zugleich die Souveränität der Mitgliedstaaten bei der Waldpolitik.“[5]Europäisches Waldgesetz soll Lücken schließen
Demnach sollen die Mitgliedsstaaten unter anderem Maßnahmen ergreifen, um bis 2030 den Zustand von mindestens 30 Prozent jener Land‑, Küsten‑, Süßwasser- und Meeresökosystemen zu verbessern, die sich derzeit in einem schlechten Zustand befinden. Bis 2040 sollen für mindestens 60 Prozent und bis 2050 für mindestens 90 Prozent der einzelnen Lebensräume in schlechtem Zustand Wiederherstellungsmaßnahmen eingeführt werden. Dazu zähle unter anderem, Wälder aufzuforsten und trockengelegte Moore zu vernässen.
Die Zeit
Klingt vernünftig. Vor allem aber auch wie eine glasklare Absage an die lippische Strategie: Der Wald ist eh schon hin, da können wir ihn auch gleich ganz plattmachen und zur (wind-)industriellen Nutzung freigeben.
Nachhaltiges Wirtschaften und Schutz der Wälder lautet das Gebot der Stunde auch in Europa und Deutschland.[6]Bundestag[7]BMEL Gigantische Windparks im Teutoburger Wald am Sennerand und an der Gauseköte gehören nicht dazu.
Anmerkungen
↑1 | Beschluss |
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↑2 | Neudeutsch heißt das Litigation PR, |
↑3 | Die haben offensichtlich seit langem Methode… |
↑4 | 80 Meter Radius klingt für die Fans natürlich besser. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt… |
↑5 | Europäisches Waldgesetz soll Lücken schließen |
↑6 | Bundestag |
↑7 | BMEL |