Marx hat das System viel zu lange mitgetragen

Der Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing, Kar­di­nal Rein­hard Marx, hat Papst Fran­zis­kus sei­nen Rück­tritt ange­bo­ten. Er wol­le damit Mit­ver­ant­wor­tung tra­gen für »die Kata­stro­phe des sexu­el­len Miss­brauchs«.[1]Von 1996 an war Marx Weih­bi­schof in Pader­born.

Dage­gen ist nichts ein­zu­wen­den. Außer: Das kommt viel zu spät.

Vor mehr als zehn Jah­ren schon habe ich mich in der Neu­en West­fä­li­schen dazu geäu­ßert. Ist immer noch stim­mig, den­ke ich.

Papst schweigt zu Miss­brauchs­skan­dal
Bären­dienst
MICHAEL KAISER

Der Papst hat gespro­chen – aber nichts gesagt. Er hat den Miss­brauchs­skan­dal trotz meh­re­rer Gele­gen­hei­ten über Ostern igno­riert. Ver­pass­te Chan­cen zuhauf. Dafür haben sich ande­re Wür­den­trä­ger der katho­li­schen Kir­che, teils in Anwe­sen­heit des Petrus-Nach­fol­gers, geäu­ßert. Und es an Deut­lich­keit nicht man­geln lassen.

Da tut der Dekan des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums die Empö­rung über Ver­feh­lun­gen Ein­zel­ner und die sys­te­ma­ti­sche Ver­tu­schung die­ser Ver­ge­wal­ti­gun­gen und Fäl­le von sexu­el­lem Miss­brauch als Geplap­per und unbe­deu­ten­des Geschwätz ab. Da ver­gleicht der per­sön­li­che Pre­di­ger des Pon­ti­fex aus­ge­rech­net am Kar­frei­tag die Vor­wür­fe gegen die Kir­che mit anti­se­mi­ti­scher Het­ze. Immer­hin hat er sich spä­ter dafür entschuldigt. 

Bestür­zend an die­sen Ein­las­sun­gen hoch­ge­stell­ter Ver­tre­ter der Amts­kir­che ist nicht nur der Man­gel an intel­lek­tu­el­ler Red­lich­keit, son­dern auch die men­schen­ver­ach­ten­de Igno­ranz gegen­über der Not und dem Leid Betrof­fe­ner. Und selbst wenn die Abwehr­hal­tung dem nach­voll­zieh­ba­ren Reflex ent­springt, die Insti­tu­ti­on Kir­che vor Anfein­dun­gen zu schüt­zen, trägt das auf Dau­er nicht. 

Wer das offen­kun­dig Ver­ab­scheu­ungs­wür­di­ge abwie­gelt, ver­schweigt, ver­harm­lost und ver­tuscht, wo doch Buße, Beken­ner­mut und ent­schlos­se­nes Han­deln gefragt wäre, leis­tet der Kir­che einen Bärendienst. 

Es gibt kei­ne plum­pe Kam­pa­gne gegen die Kir­che, aber der Umgang der Kurie mit dem Skan­dal ist eine Kata­stro­phe. Wun­dern darf man sich dann nicht, dass nicht weni­ge Gläu­bi­ge sich kopf­schüt­telnd abwen­den. Gott­lob sind eini­ge, wenn auch nicht alle Bischö­fe in der Auf­ar­bei­tung der kirch­li­chen Kri­se schon wei­ter und haben die not­wen­di­gen Schrit­te eingeleitet. 

Aber pro­mi­nen­te Tei­le der Amts­kir­che ver­ste­hen sich offen­bar immer noch als Schwei­ge­kar­tell und erin­nern in ihrer rea­li­täts­ver­leug­nen­den Ver­bohrt­heit und Ver­krus­tung an den spät­kom­mu­nis­ti­schen Mum­men­schanz fast über­all ver­gan­ge­ner Tage.

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1 Von 1996 an war Marx Weih­bi­schof in Paderborn.

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