Die ersten Wochen mit Openbook

Seit ein paar Wochen tes­te ich das neue sozia­le Netz­werk Open­book. Wobei man das »sozi­al« in die­sem Fall durch­aus wört­lich neh­men darf, wenn es nach dem Wil­len der Macher geht. Open­book will anders sein, ein Netz­werk mit freund­li­chem Gesicht. Ob das gelingt, steht auf einem ande­ren Blatt. Wenn es nicht gelingt, liegt es nicht an den Initia­to­ren. Das steht mal fest.

In Kür­ze wech­selt Open­book aus der Alpha- in die Beta­pha­se. Dann wird es den Usern der ers­ten Stun­de auch mög­lich sein, ein paar Leu­te – genau 3 – ein­zu­la­den. Die Schwie­rig­keit besteht zunächst ein­mal dar­in, die stei­gen­de Nut­zer­zahl tech­nisch zu wup­pen. Open­book ist anders als Dia­spo­ra oder Fri­en­di­ca kein Fede­ra­ted Net­work. Es gibt einen Ser­ver, nicht vie­le. Das hat gewis­se Vor­tei­le, aber auch Nachteile.

Wobei ich der Mei­nung bin, dass die Gefah­ren für Open­book nicht pri­mär tech­ni­scher Natur sind.

Schon in der Alpha­pha­se hat es nicht lan­ge gedau­ert, bis es Ärger gab. Weil Leu­te ihre online antrai­nier­ten Ver­hal­tens­wei­sen impor­tier­ten, kom­mu­ni­ka­tiv über­for­dert waren und um sich bis­sen. Weil Trol­le von rechts­au­ßen ihre übli­chen Pro­vo­ka­ti­ons­spiel­chen trei­ben und genau wis­sen, wel­che Knöp­fe sie drü­cken müs­sen, damit ihre Anti­fa-Ziel­grup­pe an die Decke geht. Was dann auch fol­ge­rich­tig passiert.

Das wie­der­um sorg­te schnell dafür, dass über die übli­chen Sank­ti­ons­maß­nah­men wie Blo­ckie­ren, mehr Mode­ra­to­ren, Account­sper­ren etc. nach­ge­dacht wird. Und die alte Debat­te dar­über los­geht, was noch tole­ra­bel ist und was nicht. Was noch durch die Mei­nungs­frei­heit gedeckt ist. Und, wenn auch zag­haft, wie man ver­hin­dern kann, dass das Netz­werk nur eine wei­te­re Echo­kam­mer für Leu­te wird, die sowie­so alle gleich ticken. Was ich, ganz grund­sätz­lich, eben­falls tod­lang­wei­lig fän­de. Es gibt kei­nen Dis­kurs zwi­schen Leu­ten, die alle einer Mei­nung sind.

Inso­fern also ist Open­book so anders nicht. Kann es wohl auch nicht sein, da es ja nicht im luft­lee­ren Raum exis­tiert. Gele­gent­lich müf­felt es auch dort ein biss­chen streng nach Face­book. Das liegt an ein­zel­nen Rotz­löf­feln, die halt nicht aus ihrer Haut kön­nen, und die bei Face­book bes­ser auf­ge­ho­ben wären. Ande­rer­seits gibt es auch sehr vie­le net­te Nut­zer, die den sym­pa­thi­schen Ansatz von Open­book ver­ste­hen und leben wol­len. Was gut ist.

Dann begab es sich, dass genau zu dem Zeit­punkt, als Open­book star­te­te, Goog­le+ end­gül­tig ver­starb. Hau­fen­wei­se wur­den Ex-Plus­ser hei­mat­los und such­ten eine neue Blei­be. Klar, wohin sie ihre Suche führ­te. Kann ich ver­ste­hen. Den­noch weiß ich nicht, ob G+ in Open­book wie­der­auf­er­ste­hen soll­te. Auch wenn es schon rein tech­nisch Ähn­lich­kei­ten gibt. Per­sön­lich hat mir G+ nie viel bedeu­tet, obwohl ich dort einen der Accounts der ers­ten Stun­de hat­te. Ich bin damit ein­fach nie warm gewor­den. Abge­se­hen davon mei­ne ich, dass Open­book eine Chan­ce bekom­men soll­te, eige­ne Duft­mar­ken zu set­zen, und nicht eine Kopie von irgend­was sein sollte.

Noch gibt es weder Cross­pos­ting noch Repos­ting. Das soll­te mei­ner Mei­nung nach auch so blei­ben. Wer Open­book kil­len will, der muss nur dies bei­des zulassen.

Ich habe, wie gesagt, kei­ne Sor­ge, dass Open­book alle tech­ni­schen Her­aus­for­de­run­gen meis­tern wird. Das Team um Joel hat längst bewie­sen, dass es dazu in der Lage ist. Die sind fit, schnell, fle­xi­bel, hören auf ihre Nut­zer und wis­sen, was sie tun.

Klappt noch nicht so rich­tig. Im Desk­top-Cli­ent wird das Hea­der­bild (Bahn­hof Det­mold am Abend) nicht ska­liert und nicht rich­tig angezeigt.

Es gibt eine Mobil­ver­si­on und eine Desk­top­ver­si­on. Deren bekann­te Macken wer­den sicher in Kür­ze aus­ge­bü­gelt. Open­book ist recht ansehn­lich. Stän­dig wer­den neue Fea­tures hin­zu­ge­fügt. Aller­dings wird die Wunsch­lis­te der Nut­zer auch nicht kür­zer. Und vie­les davon ist abso­lut nach­voll­zieh­bar. Dar­un­ter Basics wie Direktnachrichten.

Gera­de für mich als Augen­mensch gibt es noch deut­li­che Defi­zi­te. Open­book geht nicht lie­be­voll mit Fotos um. Man kann wel­che hoch­la­den und in Grup­pen pos­ten. Mehr aber auch nicht. Sie wer­den gna­den­los kaputt­kom­pri­miert. Es gibt kei­ne Gale­rien, kei­ne Kate­go­rien, kei­ne Tags. Es gibt kei­ne Bild­zei­len, kei­ne Exif­da­ten, kein thre­ad­ba­sier­tes Kom­men­tar­sys­tem. Es gibt kei­ne Suche, kein Archiv­sys­tem. Was man mal gepos­tet hat, ver­schwin­det in den Tie­fen der Time­line auf Nimmerwiedersehen.

Gut, alles das kön­nen Twit­ter oder Face­book auch nicht. Den­noch. Für Foto­gra­fen ist Open­book der­zeit nicht ers­te Wahl. [1]Vide­os gehen übri­gens noch gar nicht. Sie kön­nen es höchs­tens als Schau­fens­ter nut­zen, um auf ihre exter­nen Ange­bo­te zu ver­wei­sen. Mög­li­cher­wei­se bleibt das so, oder auch nicht. Man soll­te es halt wis­sen und sich kei­ne fal­schen Hoff­nun­gen machen.

Die inhalt­li­che Viel­falt hin­ge­gen ist schon jetzt beein­dru­ckend. Open­book hat eine Men­ge Poten­zi­al. Ob es das auch auf Dau­er nut­zen kann, wird sich zei­gen. Für ein abschlie­ßen­des Urteil ist es noch viel zu früh. Sei­en wir geduldig.

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1 Vide­os gehen übri­gens noch gar nicht.

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