Also gut, heute schreiben wir mal einen kleinen Test.
Im folgenden kurzen Text befinden sich 25 Fehler.[1]Falls ich richtig gezählt habe. 🙂 Alles Dinge, die ich auf »Nachrichtenseiten« gelesen oder im Radio gehört habe – in real existierenden öffentlichen Medien. Geschrieben oder gesendet und redaktionell bearbeitet von »Profis«. Nur dieser Gesamttext ist natürlich montiert.
Wer mag, kann gerne rückmelden, wie viele der Kinken und welche er/sie/es gefunden hat.
Wider besseren Wissens, entschied sich der Redakteur der Morgensendung, die Meldung zu bringen. Nach kurzer Überlegung, kam er zu dem Schluss, dass der Prozessbeginn gegen Heinz Hirsch eine Erwähnung wert wäre. Laut dem Staatsanwalt sei der Angeklagte schuldig, mehrere Menschen getötet oder zum Teil schwer verletzt zu haben. Es hätte auch andere Meldungen gegeben, aber er entschied sich anders, weil die Prozesseröffnung würde wohl am meisten Klicks bringen. Noch mehr, als die von der Evakuierung der Leute aus Tüpfeldorf in Nordbayern nach der Brandkatastrophe. Es war also weder eine inhaltliche, noch eine sachliche Abwägung. Viel mehr ging es nur um die Aufmerksamkeit. Es war genau die selbe Situation, wie vorige Woche bei den Beschuldigungen des Hollywood-Produzenten. Damals hatten tausende seinen Opfern gedacht. Wegen dem bekannten Opfer war die Anteilnahme hoch gewesen und alle Aktivisten hatten vor der Feier zusammen gearbeitet. Eine geschickte Nachrichtenauswahl würde ihm sowohl die Anerkennung in der Redaktionskonferenz einbringen, als auch eine Menge Visits auf der Senderhomepage.
Vielleicht wäre nun der richtige Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass aktuellen Meldungen zufolge jeder fünfte Zehnjährige funktionaler Analphabet ist. Man darf und sollte das besorgniserregend finden.
Für die »Kommunikation« bei Facebook wird es aber wohl noch reichen. Auch für eine Karriere als »JournalistIn« bei gewissen gedruckten oder elektronischen Medien. Oder vielleicht auch für eine glorreiche Zukunft im Schuldienst.
Gänzlich lächerlich wird es, wenn flächendeckende Sprachverhunzung aus offensichtlichen Motiven heraus als »Erweiterung der sprachlichen Möglichkeiten« begründet und somit entschuldigt wird. Oder als Ausdruck linguistischer Evolution. Die es selbstredend gibt. Es ist jedoch die Frage, welchen Regeln diese folgt.[2]Basics kann man sich hier reinziehen Beziehungsweise, ob die massenhafte, reiner Faulheit oder Unfähigkeit geschuldete Sprachvergewaltigung quasi automatisch neue Regeln konstituiert, die praktischerweise »falsch« zum neuen »richtig« deklarieren.
Die Imitation von oft Gehörtem ist wie die Imitation von oft Gelesenem ein nicht zu unterschätzender Faktor im Verdrängungswettbewerb sprachlicher Mittel.Renate Pasch [3]Kuckucksei im Denn-Nest
Das wäre in etwa so, als würde man den Vormarsch der widerlichen, ungesunden, industriell gefertigten Convenience-Produkte als Erweiterung der gastronomischen Möglichkeiten rechtfertigen. Oder als ließe man den Crack-Dealer selbst die Neufassung der BTM-Paragrafen im StGB schreiben.
Beispielsweise erleben wir gerade, wie der korrekte Gebrauch von »denn« und »weil« unter die Räder kommt. Den Grund dafür kennt man inzwischen recht gut. Dass immer öfter »weil« das »denn« ersetzt, hat etwas mit dem bei vielen »zu kurzen Satzplanungshorizont« zu tun.
Jetzt mal im Klartext für alle: Wer zu langsam denkt, spricht und schreibt scheiße.[4]Zur Erinnerung: Hier geht’s um Erwachsene, die in irgendeiner Form »Profis« in Sachen Sprachgebrauch sind/sein wollen…
Hier noch ein paar binnen weniger Minuten gemachte Funde. Und ich habe noch nicht mal richtig gesucht. Alles DLF, IIRC. :/
Nach so viel Ernst noch was anderes, weil man will ja auch mal lachen. 😉
Anmerkungen
↑1 | Falls ich richtig gezählt habe. 🙂 |
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↑2 | Basics kann man sich hier reinziehen |
↑3 | Kuckucksei im Denn-Nest |
↑4 | Zur Erinnerung: Hier geht’s um Erwachsene, die in irgendeiner Form »Profis« in Sachen Sprachgebrauch sind/sein wollen… |