Im Nachbarort Hörste gibt es derzeit nur ein Thema. Das Heinrich-Hansen-Haus, bis vor acht Jahren mal eine gewerkschaftliche Bildungsstätte, wird jetzt Flüchtlingsunterkunft für bis zu 300 Schutzsuchende (6 Bewohner pro Zimmer) – angeblich nach Anpassungen der feuerschutzrechtlichen Auflagen. Ursprünglich waren dort lediglich 128 Menschen zulässig.
Hörste, ein Stadtteil von Lage, hat etwa 2.660 Einwohner. Das riecht nach Ärger in dem betulichen Örtchen, das eine Grundschule und (zumindest derzeit noch) ein Freibad zu bieten hat. Denn die Dorfgemeinschaft und auch einige in den Nachbargemeinden fühlen sich überfahren, hauptsächlich wegen mangelnder Transparenz derer, die das Vorhaben seit Monaten betreiben. In Nullkommanix vom Luftkurort zum Fluchtkurort.
Was an behördlichen Informationen bei der zuständigen Bezirksregierung in Detmold öffentlich verfügbar ist, geht tatsächlich gegen Null. Das hat offensichtlich Methode. Die Leute vor Ort sollten vor vollendete Tatsachen gestellt werden. So der Eindruck von Teilnehmern nach einer Info-Veranstaltung in der Stapelager Kirche vor vierzehn Tagen. Drei Tage später waren schon Stellenanzeigen für die Einrichtung geschaltet. Das Verfahren war von oben eng durchgetaktet.
Entschieden wird das in im schwarz-grün regierten Düsseldorf unter der Regie von Hendrik Wüst (CDU). Die Verantwortung in der Region jedoch trägt die Detmolder Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling (CDU).
Informativer, aber auch nicht taufrisch, ist da schon eher, was die Stadtverwaltung Lage Anfang September verlautbart hat.
Der letzte Beitrag zum Thema »Hörste« auf der Seite der Lagenser Grünen ist vom 17. Dezember 2021. Das Heinrich-Hansen-Haus kommt vor – leider aber zuletzt 2015.
Bei der SPD Lage findet sich gleich gar nichts zu dem Thema, das Hörste und Nachbarn bewegt. Womit ich nichts gegen die »Sprechstunde für Frauen und Mädchen« oder »LED-Strahler auf allen Sportanlagen« gesagt haben will. Die SPD kann ja ihre Prioritäten setzen, wie sie will.
Was Hörste angeht, findet die FDP-Fraktion in Lage immerhin: »Freibadverein Hörste leistet hervorragende Arbeit«. Das war aber schon im Jahr 2018.
Die CDU in Lage ist immerhin aktuell dabei und argumentiert nach dem Motto »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht«. Sie schreibt: »Auch ist es die Pflicht aller Verantwortlichen, Verständnis für das Vorgehen der Bezirksregierung aufzubringen.« Die Union wendet sich auch gegen »populistisches Getöse«. Löblich. Aber wohl kaum mehr als ein frommer Wunsch.
Offen gestanden kann der Pivit kaum glauben, was er sieht – bzw. nicht sieht. Und das bei diesem heiklen Thema. Wer Gründe für wachsende Staats- und Demokratieverdrossenheit sucht, hier sind sie zu finden.
Dieses Vakuum füllen nun andere. Wer das ist, lässt sich denken – und nachlesen. Was daraus früher oder später politisch und gesellschaftlich folgt, auch.
Zu guter Letzt: Die Sache ist entschieden. Am Donnerstag, 19. Oktober, befasst sich der Lagenser Stadtrat in der Aula Schulzentrum Werreanger mit Nebenaspekten des Themas: Betrieb des Heinrich-Hansen-Haus als Landeseinrichtung für Flüchtlinge | Unterstützende Maßnahmen im Ortsteil Hörste – Beschlussvorlage BV-131/2023.
Der Betrieb startet am 1. November unter der Regie der erfahrenen Malteser. Per Stellenanzeigen werden noch immer Mitarbeiter gesucht. Sie werden wahrscheinlich einen sicheren Arbeitsplatz haben. Für lange Zeit.