Vor ein paar Tagen kam ein sehr sehenswerter Film erstmals im Free-TV. Peter Wohlleben, Deutschlands bekanntester Baumversteher, erläuterte in »Das geheime Leben der Bäume« ruhig, kundig, leidenschaftlich und absolut überzeugend, warum der Wald, die Bäume und ihr umgebendes Ökosystem etwas ganz Besonderes sind und gerade in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland unbedingt (!) geschützt werden müssen.
Für mich waren seine Erkenntnisse nicht neu, aber fasziniert zugehört und zugesehen habe ich trotzdem. Eine Stelle hat mich besonders beeindruckt – als er die Auswirkungen der breitbereiften Harvester (Holz-Erntemaschinen) auf den Waldboden beschrieb. Man denkt ja vielleicht: Breite Reifen – weniger Schäden. Leider falsch: Jeder breiter die Reifen, desto größer die Verwüstungen auch in der Tiefe. Sie sind nur nicht so augenfällig wie Fahrspuren. Weil sie sich im Boden abspielen.
Ich habe das Wort »Druckzwiebel« gelernt und wofür es steht.[1]Druckzwiebel Dass der Waldboden unter dem Reifen eines (vergleichsweise kleinen) Harvesters bis in mindestens sechs Metern Tiefe und in die Breite ruiniert wird. Und dass er extrem lange braucht, um sich zu erholen. Falls überhaupt. Die durch Lasten von mehr als 40 Tonnen verursachten Schädigungen sind irreversibel.[2]Bundesnetzagentur, Gutachten zu Umweltauswirkungen
Ahnungslose Akteure in Wirtschaft und Politik
Seitdem frage ich mich, wie eigentlich die Druckzwiebel eines 245 Meter hohen Windrades mit seinem gigantischen Betonfundament aussieht. Wie weit reicht die in die Tiefe und in die Breite? Welche enormen Kräfte wirken da vorübergehend und dauerhaft in welchem Bereich auf den empfindlichen Waldboden ein? Was machen die Schwankungen eines Industriewindkolosses von zwei und mehr Metern mit dem schützenswerten Boden-Biotop? Und erst die von 13 dieser gigantischen Maschinen?[3]Von Vögeln, Fledermäusen, Insekten und sonstigen Waldtieren haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen. Die werden genau dem Gewinnstreben der »Klimaschützer« geopfert wie der Waldboden.
Die überstrichene Rotorfläche (Todeszone für Rotmilan und Co.) beträgt für ganz Deutschland Stand Ende 2018, stolze 154 Millionen Quadratmeter. Ein Netz mit dieser Fläche von 50 Meter Höhe, würde von dem nördlichsten Punkt Dänemarks bis nach Florenz reichen. Mit jeder neuen Windkraftanlage verringern sich die Überlebenschancen für unsere gefiederten Mitbewohner.
Windwahn Vogelsberg
Mich würde wirklich mal interessieren, was ein kundiger Baumschützer wie Peter Wohlleben dazu sagt. Speziell vor dem Hintergrund, dass im Teutoburger Wald 13 Kolosse von Industriewindanlagen mitsamt der notwendigen »Infrastruktur« an befestigten Zufahrten und kilometerweit verbuddelten Leitungen[4]Ans normale Netz kann man die nicht einfach so anschließen… in jahrzehntelang geschützten Bereichen hingeklotzt werden sollen. Eventuell sollte man ihn mal nach Detmold am Teutoburger Wald einladen. Zu einem Streitgespräch mit Herrn Lippe vielleicht?
Sagt er da wohl etwas wie: »Schwund ist überall«? Oder »Das macht nix. Das kann der Wald ab«?
Ich glaube nicht.[5]Auch wenn das erdzeitalterbezogen natürlich zuträfe…
Vielleicht sollte ich mir mal sein jüngstes Buch besorgen. Der Klappentext klingt jedenfalls sehr interessant: »… geht er hart ins Gericht mit den von Ahnungslosigkeit geprägten Akteuren in Wirtschaft und Politik, die Bäume ausschließlich zur Holzgewinnung und zur Imagepflege pflanzen und die Natur damit in Wahrheit rücksichtslos ausbeuten. Doch intensiv bewirtschaftete Fichtenplantagen werden die Überhitzung des Planeten nicht verhindern. Eine Liebeserklärung an die Bäume – und ein flammender Appell, die unendliche Vielfalt der Natur, deren sensibles Zusammenwirken wir immer noch nicht ganz verstehen, zu schützen und zu bewahren. In unserem ureigensten Interesse.«
Was die niedlich klingenden »Windräder« – das ist ein Kinderspielzeug – anrichten, kann man zum Beispiel hier nachlesen.
Ich denke: Das einzige, was senkrecht aus dem Waldboden aufragen sollte, sind Bäume.
Anmerkungen
↑1 | Druckzwiebel |
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↑2 | Bundesnetzagentur, Gutachten zu Umweltauswirkungen |
↑3 | Von Vögeln, Fledermäusen, Insekten und sonstigen Waldtieren haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen. Die werden genau dem Gewinnstreben der »Klimaschützer« geopfert wie der Waldboden. |
↑4 | Ans normale Netz kann man die nicht einfach so anschließen… |
↑5 | Auch wenn das erdzeitalterbezogen natürlich zuträfe… |