Der Kreis Lippe sagt nein. Die 13 vom Detmolder Prinzen auf dem Kamm des Teutoburger Waldes geplanten »Windräder« werden nicht genehmigt. Ob sie auch nicht gebaut werden, bleibt abzuwarten. Das hängt vom weiteren Verfahren und möglichen Klagen und Gerichtsurteilen ab. Dennoch begrüßen die Gegner des gigantischen Projekts im Teuto die Entscheidung. Dazu zählen nicht nur Wald- und Naturschützer, sondern auch Touristiker, die immer wieder auf die großen Gefahren für die Erholungs- und Urlaubsregion Lippe hingewiesen haben. So sah sich die Adlerwarte in ihrem Bestand bedroht.
Die Immissionsschutzbehörde des Kreises hat das Genehmigungsverfahren zu 13 beantragten Windenergieanlagen im Bereich der Gauseköte nach eigenen Angaben abgeschlossen. »Nach der Prüfung aller Stellungnahmen muss die Behörde den Bau der Anlagen ablehnen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist, dass die Bezirksregierung Münster als zuständige Luftfahrtbehörde dem Vorhaben nicht zustimmt«, teilt Pressesprecher Steffen Adams heute mit. Grund dafür sei ein Einwand der britischen Streitkräfte.
„Das Verfahren um die Anlagen hat die Immissionsschutzbehörde wie jedes andere Genehmigungsverfahren geführt. So entscheidet die Verwaltung nach geltenden Gesetzen und Recht – einen politischen Ermessensspielraum gibt es hier nicht. Der Kreis ist an die verweigerte Zustimmung der Luftfahrtbehörde gebunden und kann sich nicht eigenmächtig darüber hinweg setzen“, erklärt Landrat Axel Lehmann (SPD) die Entscheidung.
Das Genehmigungsverfahren für die Anlagen begann im Mai 2021, nachdem der Antragssteller[1]WestfalenWind (Lackmann) alle erforderlichen Unterlagen beim Kreis eingereicht hatte. In der Folge hat die Immissionsschutzbehörde nach Kreisangaben mehr als 20 Akteure um Stellungnahmen zu dem Vorhaben gebeten. Dazu gehören beispielsweise die Bezirksregierungen Detmold und Münster, Energieversorger, Naturschutzverbände oder auch die Städte, auf deren Gebiet Windenergieanlage beantragt wurden.
Während dieses Prozesses äußerten sich laut Kreis Lippe auch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr und die britischen Streitkräfte. Die Militärs hätten dabei angegeben, dass der Bau der Windenergieanlage dem Flugbetrieb und somit Belangen der Landesverteidigung entgegensteht.
„Konkret wird darauf verwiesen, dass aus militärischer Sicht die Flugsicherheit und der militärische Übungsbetrieb am Truppenübungsplatz Senne bei einer Errichtung der Anlagen beeinträchtigt werden. Die geplanten Anlagenstandorte liegen innerhalb von Flugstrecken“, erklärt Olrik Meyer, Leiter der Immissionsschutzbehörde.
Vor der nun endgültigen Ablehnung der Anlagen hat der Kreis, wie die Behörde betont, dem Antragsteller gesetzlich den gesetzlichen Vorgaben gemäß die Möglichkeit gegeben, sich zu den Ablehnungsgründen zu äußern. Der Antragsteller habe davon Ende 2021 und im Juli 2022 Gebrauch gemacht – nach mehrfacher von ihm gewünschter Fristverlängerung.
Der Kreis Lippe prüfte daraufhin die Argumente des Antragstellers und die Gegenargumente der Bundeswehr erneut. „Innerhalb der Immissionsschutzbehörde haben wir intensive Recherchen zu vergangenen Entscheidungen rund um das Gebiet der Senne und die militärischen Belange geführt. Insofern sind die uns vorliegenden Ausführungen der Bundeswehr schlüssig. Gleichwohl muss aber auch betont werden, dass die Kreisverwaltung nicht die Expertise hat, um Fragen der Verteidigung, des Übungskonzeptes und der britischen Strategie in der Tiefe beurteilen zu können“, unterstreicht Meyer. Einen angefragten abgeänderten Flugbetrieb haben die Streitkräfte nach seinen Worten ausgeschlossen, da die Flugkorridore festgelegt und alternativlos seien – auch um Flüge über bewohnten Gebieten zu vermeiden.
Der Umfang des Genehmigungsverfahrens war für die Kreisverwaltung nach deren Darstellung bisher einzigartig und hoch komplex. So die Kommunikation zu der britischen Armee über das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr eine außergewöhnliche Herausforderung dargestellt. Zudem stehe das Verfahren aktuell besonders unter Beobachtung hinsichtlich der Abwägung zwischen Energiesicherheit und Verteidigungsfragen.
„Im aktualisierten Erneuerbaren-Energien-Gesetz wird dem Ausbau von Windenergieanlagen eine hohe Bedeutung und ein Vorrang beigemessen. Allerdings wird ausdrücklich eine Ausnahme gemacht, wenn die Landes- und Bündnisverteidigung betroffen ist. Genau dieser Fall tritt hier ein“, sagt Ute Röder, zuständiger Verwaltungsvorstand beim Kreis Lippe. Die Anlagen können prinzipiell auch an anderen Standorten im Kreis Lippe sowie darüber hinaus realisiert werden.
Dagegen seien die Übungsmöglichkeiten für den Gefechtsübungsbetrieb begrenzt, und dem Truppenübungsplatz Senne mit dem Übungsbetrieb verschiedener Bündnispartner komme eine entscheidende Bedeutung für die Landes- und Bündnisverteidigung zu – gerade in Hinsicht auf das NATO-Truppenstatut. „Diese schwerwiegenden Aspekte haben wir gründlich und unter Beachtung des verwaltungsrechtlichen Kontexts geprüft, auch mit umfänglicher juristischer Expertise, da die Verwaltung sowohl von Seiten des Antragstellers als auch der Bundeswehr signalisiert bekommen hat, dass die Entscheidung je nach Ausgang beklagt wird“, betont Röder.
Der Antragsteller kann innerhalb eines Monats Einspruch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen die Ablehnung einreichen.
Anmerkungen
↑1 | WestfalenWind (Lackmann) |
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