Ich freue mich immer, wenn in den Dritten des sogenannten linearen Fernsehens (Yuppie-Sprech) alte »Tatorte« wiederholt werden. Vor allem die mit Götz George alias »Schimanski«. Gestern abend war es »Moltke« von 1988.
Dabei sind sie für mich als Krimis inzwischen eher beinahe uninteressant. Ich schaue sie als Dokumente der Zeitgeschichte an. Ein bisschen so, wie man in ein Freilichtmuseum geht, um zu erfahren, wie Oma und Opa so gelebt haben. Oder wie eine Reise in der Zeitkapsel.
Nur dass in diesem Fall mir alles aus eigenem Erleben noch sehr vertraut ist. 1988 war ich junger dreifacher Familienvater, gerade sieben Jahre im Job, sportlich und fit. Und natürlich trug ich eine Schimi-Jacke.
Die Klamotten, die Autos, die Einrichtung in Wohnungen und Kneipen, die Frisuren – das steht so auch alles in meinem Erinnerungsregal. Ich liebe es.
Da mag der »Moltke« – meines Erachtens zu recht Grimme-bepreist – so gut sein wie er will, ich verliere mich in den Details der Ausstattung, der Szenerie, der Typen. Irgendwie denke ich, dass das noch richtige Menschen waren, die da mitspielten, saft- und kraftvoll, erfrischend unkorrekt und geradeaus. Allen voran natürlich »Schimanski«, aber selbstredend auch »Hänschen« mit seinem hintergründigen Humor und vor allem »Thanner« mit seiner nie prolligen, immer feinen, aber direkten Art.
Wenn ich sehe, was da im Abspann vom MDR-Tatort »Der feine Geist« neulich lief, dann denke ich: Wenn das ein ernstzunehmender Maßstab wäre (Konjunktiv II, Irrealis), dann hätte wohl hinter so manchem »Schimanski« noch eine ganze Slideshow von einer halben Stunde laufen müssen.
Nur hat das, was im Jahre 2021 die TV-Weicheier zu ihrem weibischen Geseiere veranlasst, damals keinen gejuckt. Zu Recht.
Mich auch nicht. Damals nicht, und heute auch nicht.