Lippes Bürgermeister gehen auf die Barrikaden

Lee­re Taschen in den Kom­mu­nen. Der umla­ge­fi­nan­zier­te Kreis macht es sich leicht.

Im Kreis Lip­pe ist Feu­er unterm Dach. Die 16 Stadt- und Gemein­de­ober­häup­ter erwar­ten eine finanz­po­li­ti­sche Umkehr. Die Kreis­um­la­ge sei nicht mehr trag­bar, heißt es.

Die Bür­ger­meis­ter aller lip­pi­schen Städ­te und Gemein­den sen­den ein kla­res und geschlos­se­nes Signal an den Kreis: Die aktu­ell für 2024 vor­ge­se­he­ne Höhe der Kreis­um­la­ge von 233 Mil­lio­nen Euro und die Fort­schrei­bung für die kom­men­den Jah­re ist für die lip­pi­schen Städ­te und Gemein­den inak­zep­ta­bel und gefähr­det die wirt­schaft­li­che Lebens­fä­hig­keit der Kom­mu­nen. Die Ver­wal­tungs­chefs aller 16 Städ­te und Gemein­den beab­sich­ti­gen daher, in einer gemein­sa­men Stel­lung­nah­me im Janu­ar die Zustim­mung zum Haus­halts­ent­wurf des Krei­ses Lip­pe zu ver­wei­gern. Das hat es bis­her noch nicht gegeben.

Alle Bür­ger­meis­ter ste­hen nach eige­nen Anga­ben zur gemein­sa­men Ver­ant­wor­tung für die Finan­zen der lip­pi­schen Kom­mu­nen und des Krei­ses. Sie ver­lan­gen die­ses Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein aber auch von der Kreis­spit­ze und dem Kreis­tag. Nach­dem nun die Eck­wer­te für den Kreis­haus­halt 2024 bekannt gege­ben sind, ist klar: Die Ent­wick­lung für das kom­men­de Jahr kann nicht ein­fach so hin­ge­nom­men wer­den. Wei­te­re Ein­spa­run­gen in Mil­lio­nen­hö­he sind im Kreis­haus­halt abso­lut erforderlich. 

Dabei wür­di­gen die Haupt­ver­wal­tungs­be­am­ten nach eige­ner Aus­sa­ge aus­drück­lich, dass der Kreis Lip­pe nicht allein durch sein Ver­schul­den in eine wirt­schaft­li­che Schief­la­ge rutscht. Der Bund und das Land NRW müs­sen ihrer Ver­ant­wor­tung zur aus­rei­chen­den Finanz­aus­stat­tung von Krei­sen, Städ­ten und Gemein­den nach­kom­men. Gegen­wär­tig ist die Situa­ti­on der Haus­hal­te geprägt von einer bei­spiel­lo­sen Bal­lung von Her­aus­for­de­run­gen: sta­gnie­ren­de Steu­er­ein­nah­men, Zuwei­sungs­kür­zun­gen, Infla­ti­on, die nicht aus­rei­chend finan­zier­te Unter­brin­gung Geflüch­te­ter, stark stei­gen­de Auf­wen­dun­gen für Per­so­nal und Sach­kos­ten sowie ste­tig neue Erwar­tun­gen an Leis­tun­gen der Daseins­vor­sor­ge ohne die aus­rei­chen­de Gegen­fi­nan­zie­rung über­for­dern die Selbst­ver­wal­tung. Dies ent­bin­det den Kreis Lip­pe jedoch nicht davon, sich selbst kri­tisch mit dem eige­nen Haus­halt aus­ein­an­der­zu­set­zen und umla­ge­sen­ken­de Ein­spa­run­gen zu erzielen.

Die lip­pi­schen Bür­ger­meis­ter wei­sen unter ande­rem auf die über­mä­ßi­ge Stei­ge­rung der Per­so­nal­kos­ten des Krei­ses Lip­pe hin, die sich in der Zeit von 2016 bis 2022 um mehr als 46 Pro­zent erhöht haben. Die übri­gen Krei­se in OWL – wie auch die lip­pi­schen Kom­mu­nen – haben deut­lich nied­ri­ge­re Per­so­nal­kos­ten­ent­wick­lun­gen zu ver­zeich­nen Auch die Stei­ge­rungs­ra­ten der Kos­ten für den Öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr sind alar­mie­rend und durch die Ein­füh­rung von kos­ten­lo­sen Schü­ler­ti­ckets für alle Schü­le­rin­nen und Schü­ler an Kreis­schu­len wei­ter ver­schärft worden.

Die Städ­te und Gemein­den ver­mis­sen auf Sei­te des Krei­ses Lip­pe einen Eini­gungs­wil­len. Dirk Becker (SPD), Spre­cher der lip­pi­schen Bür­ger­meis­ter: „Wir sind seit vie­len Mona­ten im Gespräch, wir haben Vor­schlä­ge gemacht und ver­sucht, Kom­pro­mis­se zu schlie­ßen. Lei­der erle­ben wir auf der Sei­te des Krei­ses aktu­ell ein blo­ßes Fest­hal­ten an eige­nen Stand­punk­ten.“ Gera­de dies war in der Ver­gan­gen­heit oft anders. Exter­tals Bür­ger­meis­ter Frank Mei­er: „Ein offe­nes Gespräch zwi­schen Kreis und Kom­mu­nen wie in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten hat in die­sem Jahr nicht statt­ge­fun­den. Der Kreis hat sei­ne Zah­len vor­ge­stellt und sei­ne Posi­ti­on und sie wie schon im ver­gan­ge­nen Jahr nicht mehr verlassen.“

Umla­ge in der Höhe nicht aufzufangen

Die lip­pi­schen Bür­ger­meis­ter for­dern unter ande­rem, dass der Kreis Lip­pe von den Steue­rungs­mög­lich­kei­ten Gebrauch macht, die das Land NRW Städ­ten, Gemein­den und Krei­sen an die Hand gibt. So könn­te der Kreis mit der Nut­zung der soge­nann­ten glo­ba­len Min­der­aus­ga­be in Höhe von zwei Pro­zent des Haus­halts­vo­lu­mens eine Ver­bes­se­rung errei­chen. Das bedeu­tet, dass die Aus­ga­ben des Krei­ses pau­schal um zwei Pro­zent gekürzt wer­den, es aber der Kreis­ver­wal­tung über­las­sen bleibt, die Kür­zun­gen zu erwirt­schaf­ten. Damit sind nach Berech­nun­gen der Bür­ger­meis­ter­run­de rund 13 Mil­lio­nen Euro Ein­spa­run­gen zu errei­chen; die­se müss­te dann den Städ­ten und Gemein­den zugu­te­kom­men und min­dernd der Kreis­um­la­ge ange­rech­net werden.

Der Kreis Lip­pe ist bereit, sei­ne Aus­gleichs­rück­la­ge im kom­men­den Jahr kom­plett zur Redu­zie­rung der Kreis­um­la­ge ein­zu­set­zen. Dies ist aus Sicht der Städ­te und Gemein­den auch drin­gend gebo­ten. Schließ­lich waren es die Städ­te und Gemein­den, die durch ihre Kreis­um­la­ge die Bil­dung der Aus­gleichs­rück­la­ge in den ver­gan­ge­nen Jah­ren in der Höhe ermög­licht haben.

Die geplan­te Erhö­hung der Kreis­um­la­ge ist für die Städ­te und Gemein­den in Lip­pe schon im kom­men­den Jahr nicht durch eige­ne Finanz­mit­tel auf­zu­fan­gen. Dies wird durch das Bei­spiel der Stadt Barn­trup deut­lich. Um die Stei­ge­rung der Kreis­um­la­ge von 2023 auf 2024 durch Mehr­ein­nah­men finan­zie­ren zu kön­nen, müss­te in der Stadt Barn­trup der Hebe­satz für die Grund­steu­er B von aktu­ell 550 Punk­ten um 300 Punk­te auf 850 Punk­te erhöht wer­den – eine Stei­ge­rung um 55 Pro­zent. Barn­trups Bür­ger­meis­ter Bor­ris Ort­mei­er (CDU): „Dies ist unse­ren Bür­ge­rin­nen und Bür­gern nicht ver­mit­tel­bar und zeigt, dass die Städ­te und Gemein­den die Stei­ge­run­gen nicht mehr auf Dau­er stem­men können.“

Daher lau­tet die kla­re Bot­schaft Rich­tung Kreis und den SPD-Land­rat Axel Leh­mann: Spa­ren und kon­so­li­die­ren und zwar mit direk­ten Aus­wir­kun­gen auf eine gemin­der­te Kreisumlage.

Kom­mu­nen nicht die Luft zum Atmen nehmen

Ver­wun­dert zei­gen sich die lip­pi­schen Bür­ger­meis­ter außer­dem dar­über, dass der Land­rat jüngst in der Pres­se äußer­te, dass ihm von kei­ner Stadt und Gemein­de in Lip­pe eine Ein­spar­lis­te bekannt sei, wie er sie dem Kreis­tag vor­ge­leg­te habe. Dazu Det­molds Bür­ger­meis­ter Frank Hil­ker: „In der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit ist unter ande­rem in der Stadt Det­mold in einer frak­ti­ons­über­grei­fend getra­ge­nen Kraft­an­stren­gung das Defi­zit allein im Haus­halt 2024 in einer Grö­ßen­ord­nung von 14 Mil­lio­nen Euro redu­ziert worden.“ 

Außer­dem wei­sen die Bür­ger­meis­ter dar­auf hin, dass vie­le lip­pi­sche Städ­te und Gemein­den bereits Haus­halts­si­che­rungs­kon­zep­te durch­lau­fen haben, die mit inten­si­ven Aus­ga­ben­kri­ti­ken in den betref­fen­den Städ­ten und Gemein­den ein­her­ge­hen. Die­se sind dem Kreis Lip­pe nicht nur bekannt, er hat die­se in der Ver­gan­gen­heit auch aktiv als Auf­sichts­be­hör­de genehmigt.“

Genau die­se zum Teil schmerz­haf­ten und schwie­ri­gen Pro­zes­se muss der Kreis nun selbst durch­lau­fen, um den Städ­ten und Gemein­den in Lip­pe nicht die Luft zum Atmen zu neh­men. Hier­bei sind alle Kreis­tags­frak­tio­nen und der Land­rat in der Pflicht, die Kom­mu­nen und die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger nicht im Regen ste­hen zu lassen.

„Den Bür­ger­meis­tern ist es wich­tig, gemein­sam an einer Lösung der enor­men Her­aus­for­de­run­gen der kom­mu­na­len Finan­zen zu arbei­ten. Dafür ist es aber unum­gäng­lich, dass der Kreis Lip­pe wie­der zu einem Mit­ein­an­der aus ver­gan­ge­nen Jah­ren zurück­kehrt und mit den Städ­ten und Gemein­den auf Augen­hö­he ver­han­delt und nicht stur auf eige­ne Stand­punk­te ver­harrt“, sagt Bad Sal­zu­flens Stadt­ober­haupt Dirk Tolk­emitt (CDU).

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