Dass mich eine gewisse Coronamüdigkeit erfasst hat, kann ich nicht verhehlen. Genauer gesagt, eine große Unlust, mich noch länger mit Zeitgenossen zu befassen, die einfach nicht kapieren wollen, was Ambach ist und das Gebot der Stunde wäre.
Manchmal sind es nur einzelne Unbelehrbare – wie gendert man das eigentlich? -, die ihre Bühnenpräsenz missbrauchen, um Nichtdenker-Schwachsinn zu distribuieren.[1]Lesenswert.
Dann wieder sind es Funktionäre, die der Gewinnmaximierung im Big-Sport-Business skrupellos absolute Priorität einräumen und 60.000 Menschen ungeschützt in Stadien strömen lassen, obwohl sonnenklar ist, dass niemand sich an Abstandsregeln und Maskenpflicht halten wird. Was auch durch massenhaft verfügbare Fotos und Filmaufnahmen belegt ist.
Dass das nicht nur hierzulande, sondern (mehrfach) in einem ehemaligen EU-Land passiert, dessen Premierminister seine Untertanen als Teilnehmer eines gigantischen Menschenversuchs begreift und benutzt, ist wohl auch kein Zufall. Aber: Er kommt damit durch. Der Aufstand bleibt aus.
Und viel zu viele Menschen, für meinen Geschmack, zucken mit den Achseln und sagen: Is halt Sport… Oder: Endlich gibt’s mal wieder Unterhaltung…
Immerhin das Zuschauerproblem gibt es bei den aktuell laufenden Olympischen Spielen in Japan nicht. Aber selbstredend hätte auch dieses ebenso zum Big-Sport-Business gehörende Event in einer Pandemie abgesagt werden müssen. Die Japaner jedenfalls hätten darauf liebend gern verzichtet. Da geht gerade viel deutsches Renommée den Bach runter – Pun intended…
Wenn EM und Olympia unter diesen erschreckenden Bedingungen stattfinden – wer wundert sich da noch, dass junge Leuten in die Clubs und Diskos strömen, durch die Gegend reisen, zu Zehntausenden abfeiern – mal die Bilder vom Berliner CSD ansehen -, als hätte es Corona nie gegeben? Zumal auch, trotz einer absehbar sich aufbauenden vierten Welle, zahlreiche Lockerungen verkündet wurden.
Das geht dann gerne mal nach dem Prinzip »Kleiner Finger, ganze Hand«.
Dabei wissen alle, dass das Virus mutiert ist und die Delta-Variante für alle gefährlicher ist – auch für die Kinder. Mahnungen zu mehr Vorsicht werden in den Wind geschlagen oder mit dem Verwies auf geringe Inzidenzen und lange nicht ausgelasteten Intensivstationen gekontert.
Noch sind die Zahlen relativ gering. Noch werden nicht alle Intensivbetten gebraucht. Noch erscheinen die Sterberaten vergleichsweise niedrig.
Aber das kann und wird sich ändern.
Trotzdem tun viele so, als könten sie das Virus austanzen, ändern ihr Verhalten nicht, gehen auch nicht zur (zweiten) Impfung. Dabei ist sie das wirksamste Mittel, um eine Infektion zu verhindern oder zumindest einen schweren Verlauf.
Nur fürs Protokoll: Ich hätte kein Problem damit, Geimpfte im Alltag besser zu stellen als beinharte Impfverweigerer. Das ist einfach ein Gebot der Vernunft und sollte im zweiten Jahr der Pandemie nicht mehr strittig sein. Tests allein taugen nicht als Mittel der Pandemiebeherrschung. Es gibt einfach zu viele falschnegative Ergebnisse und somit eine trügerische Sicherheit bei Besuchen von Läden, Restaurants oder Kulturveranstaltungen.
Dass viele (Politiker) immer noch akademisch so diskutieren, als wüssten wir nicht inzwischen, was Covid-19–20-21 akut und langfristig anrichten kann, ist bedrückend und armselig. Das Leben ist kein juristisches Proseminar.
Es gilt die Sommerferien zu nutzen, um die Impfquote endlich deutlich zu steigern. Leider passiert gerade das Gegenteil.
Wir haben keine Zeit. Das Virus hingegen kann warten.
Anmerkungen
↑1 | Lesenswert. |
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