Merkwürdige Zurückhaltung

Amok­lauf – kil­ling spree auf Eng­lisch – in Würz­burg. Täter mit Messer.

Kann ja sein, dass ich das völ­lig falsch ein­schät­ze, aber aktu­ell fin­det der vie­hi­sche Mord an drei Frau­en in Würz­burg und die Ver­let­zung etli­cher wei­te­rer Men­schen – auch eines Kin­des, das außer­dem bei dem Blut­rausch sei­ne Mut­ter ver­lo­ren hat – unter ande­rem beim Deutsch­land­funk nur unter »fer­ner lie­fen« statt.

Redak­tio­nel­le Gewich­tung. Streng nach­richt­lich, ver­steht sich.

»Nach dem töd­li­chen Mes­ser­an­griff in Würz­burg sind die Hin­ter­grün­de wei­ter unklar. Die Bestür­zung über die Tat, bei der drei Frau­en star­ben und fünf wei­te­re ver­letzt wur­den, ist groß: Bun­des­prä­si­dent Stein­mei­er ver­si­cher­te, dass der Rechts­staat den Mann zur Ver­ant­wor­tung zie­hen wer­de. Bay­ern ord­ne­te Trau­er­be­flag­gung an.«

Deutsch­land­funk

Schon vor drei Stun­den war das der Online-Redak­ti­on des öffent­lich-recht­li­chen Sen­ders nur eine kryp­ti­sche Mini-Notiz wert.[1]Nor­ma­ler­wei­se sehe ich den Quark nicht mehr, da ich, mitt­ler­wei­le schon zum zwei­ten Mal, den DLF aus mei­nen stän­di­gen Tabs geke­gelt habe. Anlass: Ein Inter­view zum Welt­frau­en­tag 2021 aus­ge­rech­net … Wei­ter­le­sen …

Auch eini­ge ande­re Online-Medi­en beschrei­ben das The­ma mit offen­kun­dig nur sehr spit­zen Fin­gern. Ein Asyl­be­wer­ber – und dazu noch einer, der schon mehr­fach auf­fäl­lig war -, ermor­det meh­re­re Men­schen auf offe­ner Stra­ße. Das passt ein­fach nicht ins müh­sam zurecht­ge­zim­mer­te Bild vom schutz­be­dürf­ti­gen Flüchtling.

Auch der Tages­spie­gel fin­det die Kuss-Affä­re eines bri­ti­sche Kabi­netts­mit­glieds weit wich­ti­ger als die Würz­bur­ger Mor­de. Auf­ma­chung? Nie­mals! Auch hier irgend­wie alles nur »unklar«. Sieh an, sieh an…

Bei der ARD muss man eben­falls eine gan­ze Wei­le scrol­len, bis man das The­ma Würz­burg über­haupt fin­det. Auch dort beherrscht ein Aller­welts-Bri­te, der eine Ange­stell­te pim­pert, die Schlag­zei­len »über Bruch«, wie man das frü­her bei Zei­tun­gen nannte.

Da wird land­auf land­ab, wenn über­haupt, pflicht­schul­digst berich­tet, dass die Poli­zei ers­ten Hin­wei­sen nach­geht, es könn­te even­tu­ell, mög­li­cher­wei­se, viel­leicht doch ein klit­ze­klei­nes isla­mis­ti­sches Motiv gege­ben haben. 

Trotz­dem twit­ter­te Regie­rungs­spre­cher Stef­fen Sei­bert,[2]öffent­lich-recht­lich sozia­li­sier­ter Jour­na­list von Hau­se aus… die ent­setz­li­che Tat habe sich »gegen jede Mensch­lich­keit und jede Reli­gi­on gerichtet«.

Nein, hat sie nicht.

Ansons­ten ist auch bei der Tages­schau alles irgend­wie »unklar«. Was im Klar­text bedeu­tet: Wir recher­chie­ren mal lie­ber erst gar nicht. Wer weiß, wor­auf wir sto­ßen könnten…

»Zum Glück« aber gibt es auch Hin­wei­se auf eine psy­chi­sche Erkran­kung. Phew – der Königs­weg. Sicher nur ein bedau­er­li­cher Einzelfall. 

Der Nach­rich­ten­sen­der NTV macht sich eben­falls einen schlan­ken Fuß. Um 23.24 Uhr steht auf der Web­sei­te immer noch ein mage­rer Report von 13 Uhr irgendwas. 

»Hund neben Kneipp-Becken« ist tat­säch­lich wichtiger? 

Ernst­haft?

Ich ver­su­che mir gera­de vor­zu­stel­len, wie es wäre, wenn die Lage so aus­sä­he: Eine »Kar­tof­fel« aka Bio-Deut­scher ermor­det mit dem 40-cm-Mes­ser auf offe­ner Stra­ße drei Asyl­be­wer­be­rin­nen und ver­letzt etli­che wei­te­re schwer. 

Die Repu­blik stün­de Kopf. Sämt­li­che nur denk­ba­ren ‑ismen wür­den rauf- und run­ter­de­kli­niert von allen nur denk­ba­ren Exper­tIn­nen, die sich fin­den las­sen. Und natür­lich: Femi­zid … struk­tu­rel­les Problem …

Nur eine ver­klau­su­lier­te Kurz­mel­dung auf DLF? Wohl kaum.

Und die TAZ? Kanns­te kom­plett knicken.

»Am Frei­tag­abend gegen 17 Uhr hat­te ein 24-Jäh­ri­ger in einem Kauf­haus am Würz­bur­ger Bar­ba­ros­sa­platz und danach in einer Spar­kas­se und auf der Stra­ße auf meh­re­re Men­schen ein­ge­sto­chen. Laut Bay­erns Innen­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann (CSU) wur­den dabei drei Per­so­nen getö­tet und wei­te­re ver­letzt, fünf davon schwer.»TAZ

TAZ

Das kom­men­tie­re ich mal bes­ser nicht.

Den Vogel abge­schos­sen hat aber der Mer­kur. Da strickt die Redak­ti­on vor­sichts­hal­ber gleich mal an der Legen­de von einer »Hetz­jagd«. Die auch noch von Söder gelobt wird. Das Jour­na­lis­ten­le­ben kann so schön sein. Man weiß offen­bar, was man der geneig­ten Leser­schaft schul­dig ist.[3]Der Text ist inzwi­schen leicht umge­schrie­ben. Grot­ten­schlecht ist er aber immer noch.

Viel­leicht mal die Ange­hö­ri­gen der Mord­op­fer in die Redak­ti­on ein­la­den? Oder habt ihr dafür nicht die Eier?

Merkt ihr selbst, ne?

Nach­trag 29. Juni:

Anschei­nend bin ich nicht der ein­zi­ge, der meint, dass man das Feld der Debat­te nicht den Extre­mis­ten über­las­sen darf.

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1 Nor­ma­ler­wei­se sehe ich den Quark nicht mehr, da ich, mitt­ler­wei­le schon zum zwei­ten Mal, den DLF aus mei­nen stän­di­gen Tabs geke­gelt habe. Anlass: Ein Inter­view zum Welt­frau­en­tag 2021 aus­ge­rech­net mit Hen­g­ameh Yag­hoo­bi­fa­rah, die/der/das sich mit einem extrem fein­sin­ni­gen Bei­trag einen Platz in der Geschich­te erar­bei­tet hatte.
2 öffent­lich-recht­lich sozia­li­sier­ter Jour­na­list von Hau­se aus…
3 Der Text ist inzwi­schen leicht umge­schrie­ben. Grot­ten­schlecht ist er aber immer noch.

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