Dem Forum »Parler« technisch die Grundlage zu entziehen und damit einem Teil von Trumps Fanbase das Biotop zu nehmen, hat unerwünschte Nebenwirkungen.
Es hat nur Stunden gedauert, bis die ersten Gruppen von heimatlos geworden Parler-Foristen zum Beispiel auf Mastodon auftauchten. Das ist prinzipiell in Ordnung, kann sich aber bald aufgrund der bekannten Probleme mit der Trumpschen Ideologie und ihrer Anhänger als größere Schwierigkeit entpuppen.
Zumal einige dieser Kameraden dort gleich so weitermachen, wie sie es offenbar von ihrer vorherigen Höhle kennen, und kräftig drauflostrollen. Die Toxizität liegt ihnen halt im Blut.[1]Nicht, dass Linke das nicht auch beherrschen, aber das ist jetzt nicht das Thema.
Manche fielen auch dadurch auf, dass sie gleich im ersten Post larmoyant die Hoffnung äußerten, dass hier doch wohl »free speech« möglich sei. Natürlich ist das so bei Mastodon und im Fediverse allgemein. Allerdings darf auch jeder Nutzer die Accounts stummschalten oder blockieren, die pausenlos Lügen und dummes Zeug verbreiten. Diese Art der Sanktion ist auch Ausdruck persönlicher Freiheit.
Abgesehen davon gilt auch im Fediverse der Grundsatz: »Free speech is not the same as free reach«.
Erfahrungsgemäß findet man im Fediverse, ob das nun Mastodon oder Friendica oder Diaspora ist, eher Leute aus dem liberalen oder linken Spektrum. Ob das den Flüchtlingen aus dem Trumplager so bewusst ist, scheint mir in manchen Fällen zumindest zweifelhaft. Da sind Konflikte programmiert, finden teilweise auch bereits statt.
Man muss nicht gleich den Teufel an die Wand malen, aber ich denke, diese Kontamination könnte größere unerwünschte Auswirkungen haben.
Abgesehen davon kann man meiner Meinung nach auch durchaus kritisch diskutieren, ob es richtig ist, eine Plattform wie Parler einfach so de facto abzuschalten. Denn erstens verschwinden damit ja die Leute und deren krumme Denke ja nicht. Und zweitens ist Zensur immer ein zweischneidiges Schwert, mit dem man bekanntlich sehr schnell Martyrer produzieren kann.
Was Trump und dessen medialen Laufstall angeht, bin ich ebenfalls gespalten. Einerseits war das lange vor dem Sturm auf das Capitol überfällig, und ihn erst jetzt einzuhegen, kommt mir heuchlerisch vor. Zudem zeigt diese Machtdemonstration einiger weniger Bosse, wer im Netz wirklich die Hosen anhat. Und das trifft ja pausenlos und oft willkürlich auch ganz andere Leute als (verdientermaßen) den Irren aus dem Weißen Haus.
Es sollte nicht so sehr diskutiert werden, wen Twitter sperrt. Sondern man sollte erwägen, Twitter zu sperren. Und Facebook gleich mit.
Anmerkungen
↑1 | Nicht, dass Linke das nicht auch beherrschen, aber das ist jetzt nicht das Thema. |
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