Für die Aktionsgruppe »Beller Feld – Kein Platz für Amazon« äußert sich deren Mitglied Hermann Söhnel zu dem Projekt insgesamt und zum intransparenten Verhalten der Verantwortlichen bei der Stadt Horn Bad Meinberg im Besonderen. Der Kiebitz fügt hinzu: Die Rolle des Kreises Lippe bedarf ebenfalls einer genaueren Betrachtung.
Nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW (IFG) hat laut Söhnel jeder Bürger das Recht auf sofortige Einsicht in die Verfahrensakten nach Satzungsbeschluss, auch in Horn-Bad Meinberg und auch wenn es sich um das sogenannte Fachmarktzentrum oder Amazon handelt.
Der Bürger könne nur mutmaßen: »Sind die Verfahren und damit die Akten so chaotisch geführt worden, dass man sie nicht rausgeben will, oder wurde der Vorgang sogar bewusst verschleppt? Soll hier etwas verschleiert, oder vor der Öffentlichkeit verborgen werden? Jedenfalls sind die Verfahrensakten nicht vollständig und schon gar nicht fristgerecht den Beteiligten ausgehändigt worden.«
Der Anwalt der Aktionsgruppe »Beller Feld« ringe mit der Stadt um die Herausgabe der Verfahrensakte und damit um die Umsetzung geltenden Rechtes für Transparenz und Nachvollziehbarkeit öffentlicher Beschlüsse.
Söhnel rekapituliert den Ablauf: Am 2.3.2022 erfolgte der Satzungsbeschluss zu Amazon durch den Rat der Stadt Horn-Bad Meinberg. Am 3.3.2022 hat der Anwalt der Aktionsgruppe »Beller Feld« einen Antrag auf Einsicht der Verfahrensakte bei der Stadt gestellt. Am 7.3.2022 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, am 21.3.2022 wurde aber erst vom Kreis Lippe die Teilbaugenehmigung für den Bau des Logistikzentrums von Amazon erteilt.
Seitdem wird das Beller Feld verwüstet. Bis heute, 6.5.2022, liegt die Verfahrensakte noch nicht vollständig vor. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass auf dem Beller Feld Tatsachen geschaffen werden sollen und deshalb die Akten nicht an den Anwalt weitergegeben werden. Mit der gleichen Strategie wird bei dem Fachmarktzentrum in der Kampstraße gearbeitet.
Wer regiert eigentlich in Horn-Bad Meinberg?
Zur gleichen Zeit muss der Kämmerer gestehen, dass die Stadt kurz vor der Haushaltssicherung steht; nur eine Corona-Sonderregelung verhindere diese. Deshalb könne die Stadt auch das Badehaus in Bad Meinberg nicht vor der Insolvenz retten. Söhnel hält fest: »Dort bangen nicht nur 30 Mitarbeiterinnen um ihre Arbeitsplätze. Die Auswirkungen darüber hinaus würden den gesamten Kur- und Tourismusstandort Bad Meinberg belasten.«
Um den Rat auf Kurs zu bringen, wurden die Ratsmitglieder zum Amazon-Logistikzentrum nach Oelde gefahren. Leider habe man dort den Ratsmitgliedern jedoch vergessen zu sagen, dass in den USA jetzt und bald auch hier bei Amazon eine neue Generation Roboter eingeführt wird, die die Mitarbeiterinnen in den Verteilzentren fast vollständig, effektiv und kostengünstig ersetzen können.
Wenn also anfangs vielleicht tatsächlich noch 1.000 Arbeitsplätze für ungelernte Mitarbeiterinnen in Belle geschaffen würden, deren Gehälter jedoch die Allgemeinheit aufstocken müsse, werde bald die fortschreitende Umstellung auf Roboter dafür sorgen, dass die Anzahl der Mitarbeitenden enorm sinkt.
»Dann steht womöglich eine monströse Halle auf dem Beller Feld, der Verkehr nimmt noch mehr zu und die entlassenen Arbeitskräfte werden die Sozialausgaben der umliegenden Kommunen in die Höhe treiben, was in keiner Weise durch die zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen abgedeckt werden kann«, glaubt Söhnel. »Aber die Verantwortlichen der Stadt Horn-Bad Meinberg, also die Mehrheit des Stadtrates mit SPD, CDU und FDP, Bürgermeister Dieter Krüger sowie der Wirtschaftsförderer Rüdiger Krentz, wollen der Öffentlichkeit vermitteln, die Ansiedlung von Amazon sei wie ein ‚Sechser im Lotto’.«
Beim Lottospielen gebe es jedoch wenigstens einige Gewinner. Lasse man sich auf das „Spiel“ mit Amazon ein, gebe es nur Verlierer: Die Anwohner in Wöbbel und Belle, die Stadt, die Umwelt, die steigende Gefahr von Hochwasser bei Starkregenereignissen, ganz zu schweigen von dem guten Acker, den alle in Zukunft für die Ernährung dringend gebraucht hätten.
Für Söhnel ist klar: »Ob nun die Planungen für Amazon oder den Projektentwickler in der Kampstraße, in Horn-Bad Meinberg gibt es hier Missmanagement auf der ganzen Linie. Für einige Investoren wird der rote Teppich ausgerollt, und dafür gucken die Mitarbeiterinnen des Badehauses in die Röhre. Für die Erstellung der Verfahrensakte mangele es angeblich an städtischen Mitarbeitern, während auf dem Beller Feld Tatsachen geschaffen werden. Deshalb stellt sich die Frage: Wer regiert eigentlich in der Stadt Horn-Bad Meinberg? Ist es der Stadtrat mit dem Bürgermeister, der Wirtschaftsförderer Krentz, oder doch schon Amazon?«
Mit Macht wird hier ausschließlich politischer Wille umgesetzt. Das Gemeinwohl und die Bürger vor Ort bleiben offensichtlich unberücksichtigt. Es wurden und werden einfach keine Fragen und Einwände in allen Entscheidungsebenen beantwortet. Und, Amazon anzusiedeln passt ganz und gar nicht mehr in das Jetzt und Hier.
Wenn die CDU‑, SPD- und FDP- Politiker im Lande es nötig haben so eine Politik der Einzelinteressen und Einzelinvestoren zu unterstützen, dann sollten diese bei der Landtagswahl final abgestraft werden. Das gilt vor allem auch für die zuständigen Landtagsabgeordneten, die in diesem »Spiel« eine äußerst unrühmliche Rolle spielen.
Es ist so offensichtlich, dass alle Entscheidungen nicht auf der Sachebene gefällt wurden, das selbst der teilnahmstlosete Bürger ein Zucken beim Ausfüllen der Stimmzettel am Wochenende bekommen müsste! Wir haben es hier mit einem maßlosen politischen Versagen der SPD, CDU und FDP zu tun.
Mein Vorschlag zur Besserung der Lage: man kann jetzt mit dem Stimmzettel dafür sorgen, dass einige der Verantwortlichen entsorgt werden!