In der seit Jahren schwer gebeutelten Stadt Horn-Bad Meinberg sehen manche in Amazon-Chef Jeff Bezos den Heilsbringer. Aber nicht alle.
In Horn-Bad Meinberg soll in einer Erweiterung des Industrieparks Lippe zwischen Belle und Wöbbel ein gigantisches Logistikzentrum von Amazon entstehen. Dafür setzt sich ein Teil des Stadtrats ein. Die Kritiker der Ansiedlung sagen: Diese Maßnahme zerstört weitere 21 Hektar (210.000 Quadratmeter) landwirtschaftlich genutzten, wertvollsten Ackerboden. Insgesamt würden 50 Hektar Ackerboden für die Landwirtschaft unbrauchbar gemacht.
Warum Amazon nicht erwünscht ist - in Belle und überall
Weil die Beschäftigung von über 1.000 Menschen
- ohne Qualifikation,
- für schlechte Bezahlung, die keine Familie ernährt,
- unter totaler Kontrolle mit laufender Konfrontation wegen Schlechtleistung,
- in einem extrem monotonen Arbeitsprozess, der den Menschen zum Anhängsel von Robotern macht,
nicht erstrebenswert ist.
Weil wir die Bedrohung von Mensch und Natur durch den Klimawandel ernst nehmen und die Betonierung von weiteren 21 Hektar wertvollen Ackerbodens und der artenreiche Fauna nicht zulassen dürfen.
Weil die exorbitante Zunahme der Verkehrslast abgewendet werden muss, da sie unsere Gesundheit durch Lärm, Gestank und Unfälle angreift und unser Leben in den Dörfern unerträglich machen würde.
Und weil Amazon ein Meilenstein für die Beschleunigung des ausschließlich profitgetriebenen kapitalistischen Wirtschaftens ist, das für die Zerstörung des Klimas, der Natur und eines würdevollen menschlichen Lebens verantwortlich ist.[1]https://www.beller-feld.de/unsere-ziele/
Um sich einen Eindruck zu verschaffen, um was für eine Größenordnung es bei dem Vorhaben geht, sagen (bewegte) Bilder mehr als 1.000 Worte. Hier findet sich einiges dazu.
Kommenden Donnerstag, 9. Dezember, soll der Rat der Stadt Horn-Bad Meinberg den nächsten Planungsschritt zur Errichtung des Amazon-Logistikzentrums tun. Der Beschluss zur erneuten Offenlegung der überarbeiteten Planungsunterlagen zum Bebauungsplan steht an.
Ratsfrau Diana Ammer (Linke) hat nach einem Besuch in einer ähnlichen Einrichtung in Oelde mehrere Fragen an Amazon geschickt. Und jetzt eine Antwort erhalten. Von Mareike von Frieling, Amazon Public Policy Manager Operations, München.
Inzwischen hat Frau Ammer die Antworten der PR-Abteilung von Amazon bewertet und jeweils kommentiert (besonders gekennzeichnet). Sie betont: »Unabhängig davon, ob man sich für oder gegen die Errichtung eines Logistikzentrums positioniert, halte ich es für eine Grundvoraussetzung, alle relevanten Fakten umfassend, nachvollziehbar und transparent vorzulegen. Die Auswirkungen auf die Umwelt, Hochwasserschutz, die weitere Stadtentwicklung, das Gemeinwesen und nicht zuletzt auch auf den städtischen Haushalt sind von den Entscheidungsträgern umfassend abzuwaegen, was aber bisher nicht geschehen ist. Die entscheidenden Antworten sind nach wie vor offen, ich sehe weiterhin erhebliche Risiken für die kommunalen Haushalte der Region und insbesondere für den meiner Heimatkommune.«
Der Vorgang wird hier komplett dokumentiert, um einen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten.
Was ist für Amazon das Attraktive an diesem Standort in Horn-Bad Meinberg? Es fehlt doch z.B. eine direkte Autobahnanbindung wie auch ein Bahnanschluss.
Wir sind immer auf der Suche nach attraktiven Grundstücken. Es gibt eine Menge Faktoren, die wir in unserem Planungsprozess berücksichtigen. Wir reagieren auf die Kundennachfrage und wollen sicherstellen, dass unsere Logistikzentren kundennah sind, damit wir einen erstklassigen Service und eine schnelle Lieferung anbieten können. Überall da, wo wir uns ansiedeln, schaffen wir attraktive Arbeitsplätze und sind aktiver Partner der örtlichen Gemeinde.
Die Antwort hat keinen Bezug zur Frage. Das nennt man auch: „Reden um den heißen Brei!“ Ich verstehe, dass Amazon auch nach anderen Grundstücken sucht, also Horn-Bad Meinberg nur eine Option ist, insgesamt ist die Aussage ist vage.
Wie lange wartet Amazon noch auf die Baugenehmigung?
Wir gehen davon aus, dass in 2022 Baurecht besteht; das liegt im Rahmen unserer Zeitplanung.
Wie genau die Zeitplanung von Amazon ist, wird nicht genannt, es klingt so, als ob nach dem Jahr 2022 Amazon wahrscheinlich kein Interesse mehr hat. Mir stellt sich die Frage, warum wir unbedingt noch dieses Jahr ohne sorgfältige und gründliche und nachvollziehbare Vorbereitung (es gab Nachbesserungen in mindestens 19 Punkten) der Rat und die Wirtschaftsförderung unbedingt in die erneute Offenlegung gehen will?
Was hat die Stadt Horn-Bad Meinberg von diesem Vorhaben zu erwarten?
Wir planen ein Logistikzentrum zu errichten, in dem kleinere Waren bis zur Größe eines Schuhkartons eingelagert, Kundenbestellungen kommissioniert und verpackt werden. Es werden moderne Transportroboter zum Einsatz kommen, die die Mitarbeiter:innen unterstützen, indem diese die Regale zu den Mitarbeitern:innen in der Warenein- und Auslagerung bringen. Aktuell gibt es in Deutschland 17 Logistikzentren für kleinere als auch für größere Waren.
Das beschreibt ausschließlich das Vorhaben von Amazon intern, aber in keiner Weise die Auswirkung auf unsere Kommune, also wieviel Verkehr, Steuereinnahmen, neue Mitbürger... Keine Antwort, warum Amazon Pad 2 will oder 17 Logistikzentren für Deutschland noch nicht reichen.
Macht und Kommerz vereint
Amazon hat eine wirtschaftliche und politische Macht entwickelt, dass selbst in den USA diskutiert wird, ob sich ein demokratischer Staat einer solchen privaten, profitgetriebenen Macht aussetzen darf. Amazon kann so ziemlich alles durchsetzen: Standorte, Angebote, Preise, Versandbedingungen und Arbeitsbedingungen. Amazon ist ein übermächtiger Konkurrent für den niedergelassenen Groß- und Einzelhandel. Mit jedem Arbeitsplatz den Amazon einrichtet, werden zwei Arbeitsplätze an anderer Stelle abgebaut. Deutschland ist zu einem bevorzugten Niederlassungsgebiet des Konzerns geworden. Und zu schlechter Letzt entwickelt sich Amazon für viele Menschen zu einem ständigen Lebensbegleiter bis hinein in die Familie, die mit Alexa ein neues Mitglied aufnimmt.
https://www.beller-feld.de/unsere-ziele/
Mit welchen zusätzlichen Einnahmen kann die Stadt seitens Amazons rechnen, wie viel Gewerbesteuer ist zu erwarten?
An allen unseren Standorten gründen wir eine Gesellschaft vor Ort. Bei allen unseren Standorten geht es uns um ein langfristiges, für beide Seiten gewinnbringendes Engagement in und mit der jeweiligen Gemeinde/Stadt. Damit einher geht, dass die Finanzbehörden für alle Amazon Gesellschaften, welche die jeweiligen Logistikstandorte in Deutschland betreiben, bereits ab Aufnahme der Tätigkeit am Standort die entsprechende Gewerbesteuer festsetzen. Dies gilt unabhängig von eventuellen Unwägbarkeiten, die in der Aufbauphase entstehen können. Amazon zahlt alle Steuern, die nach deutschem und EU-Recht anfallen, und unsere Finanzkennzahlen werden regelmäßig von Wirtschaftsprüfern kontrolliert. Wir wollen ein guter Nachbar sein. Wir schaffen attraktive Arbeitsplätze und engagieren uns für gute Zwecke in der Gemeinde.
Diese Antwort ist überhaupt nicht konkret und ausweichend. Die Erfahrung anderer Kommunen zeigt, dass Amazon nur sehr geringe Gewerbesteuern zahlt, und die geltende Rechtslage sehr geschickt ausnutzt. So ist die Aussage, wir gründen, netterweise oder verpflichtend bleibt offen, eine nicht konkret benannte Gesellschaft vor Ort. Ich weise darauf hin, dass Amazon seinen Sitz in Luxemburg (Steueroase) hat. Wir Bürger von Horn-Bad Meinberg wollen auch gute Nachbarn sein.
Sollen auch Lebensmittel hier vertrieben werden?
Wir lagern in den großen Logistikzentren ausschließlich trockene bzw. haltbare Lebensmittel wie z.B. Nudeln, Konserven oder Müsliriegel.
Ausschließlich? Jedenfalls interessant.
Welche Vorkehrungen als Reaktion auf den Klimawandel und zum Hochwasserschutz werden ergriffen?
Amazon und Global Optimism haben am 19. September 2019 ein Klimaschutzversprechen („The Climate Pledge“) vorgestellt, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens bereits zehn Jahre vor dem anvisierten Erfüllungsdatum zu erreichen. Amazon hat das Versprechen als erstes Unternehmen unterzeichnet. Die Unterzeichner verpflichten sich, bis 2040 CO2-neutral zu sein – und damit zehn Jahre vor dem im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Ziel von 2050. Mittlerweile haben mehr als 200 Unternehmen den Climate Pledge unterzeichnet. Zu den neusten Unterzeichnern gehören Unternehmen wie Procter & Gamble, HP, Salesforce, ASOS und Nespresso.
„Shipment Zero“ steht für unser Ziel, 50 % aller Amazon Lieferungen bis zum Jahr 2030 CO2-neutral auszuliefern. „Shipment Zero“ bedeutet, dass alle Betriebsabläufe, die für die Lieferung einer Kundensendung nötig sind, CO2-neutral sind: vom Logistikzentrum, in dem ein Artikel aus dem Regal genommen wird, über die Materialien, die zur Verpackung des Artikels verwendet werden, bis hin zu den Fahrzeugen, die das Paket zu den Kund:innen bringen. Als Teil unseres Ziels, bis zum Jahr 2040 CO2-neutral zu sein, ist Amazon auf dem Weg, seine Betriebsabläufe bis 2030 zu 100 % mit erneuerbaren Energien zu versorgen—und wir sehen uns auf einem guten Weg, dieses Ziel sogar fünf Jahre früher zu erreichen.
Im Jahr 2020 wurden wir zum weltgrößten Abnehmer von erneuerbaren Energien und erreichten einen Anteil von 65 % an erneuerbaren Energien im gesamten Unternehmen. Auf dem Logistikzentrum in Horn-Bad Meinberg ist eine Photovoltaikanlage geplant. Amazon wird alle bauaufsichtlichen Anforderungen erfüllen.
Diese Antwort geht an der Frage nach dem Hochwasserschutz vorbei, man überlaesst diesen uns, der planenden Kommune. Wie ohne Bahnanschluss und ohne weitere Maßnahmen die Klimaschutzziele erreicht werden können, bleibt unklar, denn hier ist die Transport-und Verkehrsthematik komplett ausgeblendet. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat im April 2021 entschieden, dass die Regelungen des Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 (Klimaschutzgesetz <KSG>) über die nationalen Klimaschutzziele und die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen insofern mit Grundrechten unvereinbar sind, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen. Im Übrigen wurden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Das Klimaschutzgesetz verpflichtet dazu, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu mindern und legt durch sektorenbezogene Jahresemissionsmengen die bis dahin geltenden Reduktionspfade fest. Dass Amazon die geltenden bauaufsichtlichen Anforderungen erfüllen will, ist ja klar.
Ist eine sanitäre Infrastruktur für die LKW-Fahrer vorgesehen, gibt es diese in Oelde?
Auf dem für den Standort in Horn-Bad Meinberg geplanten Puffer-Parkplatz (Pre-Check-In) stehen den Fahrer:innen sanitäre Anlagen zur Verfügung. In Oelde befinden sich Toiletten am Einfahrtshäuschen, die jederzeit zugänglich sind. Darüber hinaus gibt es an den Amazon Standorten sogenannte Trucker Lounges.
Das sind Aufenthaltsräume für die Fahrer:innen, deren LKW be- oder entladen werden. Diese Räumlichkeiten halten neben Zugang zu sanitären Anlagen auch Getränke- und Snackangebote bereit.
Gesunde Ernährung sieht anders aus. Und wo parken die Fahrer, um ihre Ruhezeiten einzuhalten? Die Kantine ist nur für Beschäftigte im Logistikzentrum.
Wie viele und was für Arbeitsplätze sollen entstehen?
Es entstehen in einem Logistikzentrum Arbeitsplätze unterschiedlicher Qualifikationsansprüche und damit auch unterschiedlicher Entlohnung. Größtenteils werden Stellen für Versandmitarbeiter:innen geschaffen, aber es entstehen auch Stellen für Fach- und Führungskräfte (u.a. IT, Logistik, Technik, Personalführung, Gesundheitsmanagement, Arbeitssicherheit) – in einem großen Logistikzentrum entstehen perspektivisch bis zu 150 Jobs für Fach- und Führungskräfte. Wir erwarten, dass im ersten Jahr an neuen Robotics Standorten mindestens 1.000 Arbeitsplätze entstehen. In Oelde waren bereits nach wenigen Wochen die 1.000 Beschäftigten erreicht. Der Großteil unserer Logistikzentren bietet zudem Ausbildungsplätze in technischen Professionen wie IT und Mechatronik an.
Wie viele Mitarbeiter werden minimal, maximal angestellt?
An vergleichbaren Standorten sind perspektivisch unterjährig ca. 1.800 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter:innen beschäftigt –abhängig vom Volumen.
In welchem Umkreis will Amazon Mitarbeiter rekrutieren, wo sollen diese herkommen?
An den bisherigen Standorten kommen ca. 80% der Mitarbeiter:innen aus einem Umkreis von ca. 30 Minuten Fahrzeit. Das ist auch an unserem Standort in Oelde der Fall – die meisten der Mitarbeitenden sind ortsansässig und kommen aus den Landkreisen Warendorf, Gütersloh und Bielefeld.
Gibt es eine Statistik über ungelernte Arbeitskräfte aus dem Umkreis von Horn-Bad Meinberg, die den Anforderungen und Belastungen eines Arbeitsplatzes bei Amazon genügen können?
Wie viele unbefristete Arbeitsplätze werden geschaffen?
Alle Mitarbeiter:innen in den Amazon Logistikzentren sind direkt bei Amazon angestellt. Außerhalb der Weihnachtssaison ist die große Mehrheit unserer Kolleg:innen fest angestellt. An etablierten Standorten sind das rund 75%. Wir wandeln kontinuierlich die Verträge von befristet angestellten Mitarbeitenden in unbefristete um. Aufgrund der starken Saisonalität unseres Unternehmens stellen wir Saisonarbeiter:innen
während der Weihnachtszeit ein. Diese unterstützen uns in großem Maße, ein herausragendes Kauferlebnis für unsere Kund:innen in dieser arbeitsreichen Zeit sicherzustellen.
Wo arbeiten diese Saisonarbeiter in der Zwischenzeit? Gibt es aussagefähige Zahlen, wieviele Menschen dauerhaft aus Hilfebezügen herauskommen? Die Situation der vielen LKW-Fahrer ist hier nicht beleuchtet, sie kommen ja überwiegend aus osteuropäischen Ländern.
Wie viele Mitarbeiter bekommen dann einen Stundenlohn über dem Einstiegssatz von 12 Euro?
Amazon bietet ein attraktives Lohnpaket an allen seinen Standorten. Kein Mitarbeiter:in verdient weniger als 12 Euro brutto pro Stunde (in Oelde sind es mindestens 12,12 Euro). Das liegt deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von 9,60 Euro. Hinzu kommen umfassende Zusatzleistungen und dies in einem modernen und sicheren Arbeitsumfeld. Dazu kommen bezahlte und sondervergütete Überstunden, Nachtzuschläge sowie weitere Extras wie Bonuszahlungen, beschränkte Mitarbeiteraktien (Restricted Stock Units der Amazon.com, Inc.), kostenlose Lebens- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, Sondervergütungen und Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge. Ab Herbst 2022 ist ein Anstieg des Stundenlohns auf umgerechnet mindestens 12,50 Euro plus Extras geplant. Der Einstiegsbasislohn läge damit um mehr als 2 Euro pro Stunde über dem derzeit für 2022 geplanten Mindestlohn der Bundesregierung von 10,45 Euro. Nach 12 und 24 Monaten steigen die Löhne automatisch. In Oelde verdienen die Mitarbeiter:innen nach 2 Jahren über 2.800 Euro brutto im Monat (wohlgemerkt für ungelernte Tätigkeiten). Unsere Logistikzentren verfügen über Betriebskantinen, in denen bezuschusste und gesunde Mahlzeiten angeboten werden. Zusätzlich bieten wir einen Familienbonus und Mitarbeiterrabatte. Mehr Informationen zum Lohnpaket.
Dieser Stundenlohn für diese zwar unqualifizierte, aber doch sehr anstrengende und fordernde Arbeit bedeutet, dass die Kommune zusätzliche Sozialleistungen und Lohnaufstockungen finanzieren muss. Denn weder eine auskömmliche Rente oder der auskömmliche Unterhalt von Familien kann so gesichert werden.
Wie lange werden zusätzliche Mitarbeiter in der Saison beschäftigt?
In den Logistikzentren sehen wir saisonale Schwankungen. Die volumenstärkste Zeit ist Jahr für Jahr das Weihnachtsgeschäft im vierten Quartal. In dieser Zeit werden die Stammbelegschaften erfahrungsgemäß von einigen hundert saisonalen Kolleg:innen pro Standort unterstützt, die meist bis zum Ende des jeweiligen Jahres für uns tätig sind. Die saisonalen Kolleg:innen erhalten denselben Lohn und sind ebenfalls direkt bei Amazon angestellt.
Wird es Teilzeitarbeitsplätze geben, wie steht es mit der Familienfreundlichkeit?
An unseren Standorten gibt es verschiedene Schichtmodelle, die nach den örtlichen Begebenheiten und Bedarfen angepasst werden. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir daher zu Schichten noch keine Auskunft geben können. Amazon zahlt einen Familienbonus bei der Geburt und für Eltern in Elternzeit.
Wieder sehr vage, jedenfalls fährt Amazon ein Dreischichtmodell an sechs Tagen die Woche, nur von Samstag, 19.00 Uhr bis Sonntag, 19.30 Uhr ist kein Betrieb.Ein ja zu Teilzeitarbeitsplätzen und familienfreundlichen Arbeitsbedingungen ist das nicht.
Wie weit ist der Ausbau der Automatisierung, muss damit gerechnet werden, dass in absehbarer Zeit Arbeitsplätze wegfallen?
Nein. An einigen unserer Standorte kommen moderne Transportroboter zum Einsatz, die die Mitarbeiter:innen unterstützen, indem diese die Regale zu den Mitarbeitern:innen in der Warenein- und Auslagerung bringen. Dadurch entfallen Laufwege und die Arbeit wird leichter. An all diesen Standorten arbeiten genauso viele Menschen wie an herkömmlichen Standorten.
Wenn Automatisierungen und Roboter billiger als Arbeitsplätze werden, dürfte das anders aussehen.
Gibt es einen Betriebsrat in Oelde?
Alle etablierten Logistikzentren haben einen gewählten Betriebsrat. Ein Betriebsrat wird von Mitarbeitern:innen gegründet. Wir sagen ganz klar, dass wir in jedem Fall die Wahl eines Betriebsrates unterstützen, sollte die Initiative von den Mitarbeitern:innen dafür ausgehen. Amazon legt seit jeher Wert auf einen direkten Dialog mit den Beschäftigten. In Oelde hat sich der Betriebsrat knapp ein Jahr nach der Eröffnung gegründet. Der Betriebsratsvorsitzende heißt Ryck Purschke und war bei Ihrem Besuch ebenfalls mit anwesend.
Während unseres Besuches habe ich nur wenige Mitarbeiter am Arbeitsplatz beim Sortieren gesehen, die Hallen wirkten seltsam leer. Interviewen konnte ich diese nicht. Als wir leicht verspätet das Gebäude verließen, sahen wir doch eine größere Zahl meist junger männlicher Mitarbeiter... Ob Herr Purschke ein von Amazon unabhängiger, den Mitarbeitern verpflichteter Betriebsratsvorsitzender ist, kann ich nicht beurteilen.
Werden hier vor Ort Ausbildungsplätze nach IHK-Richtlinien entstehen und wie viele?
Deutschlandweit beschäftigt Amazon 187 Auszubildende/Duale Student:innen in den Bereichen IT, Technik, Gesundheits- und Arbeitssicherheit sowie Logistik in 2021. An unserem Standort in Oelde haben wir aktuell 2 Fachinformatiker:innen für Systemintegration und 5 Mechatroniker:innen in der Ausbildung. Für 2022 planen wir außerdem ein duales Studium anzubieten.
Auf 1.000 Beschäftigte 7 Auszubildende klingt doch wenig. Wer nicht ausbildet, braucht ja auch keine Löhne für qualifizierte Mitarbeiter zu zahlen.
Welche Erwartungen hat Amazon an das Gemeinwesen?
Wir wollen ein guter Nachbar sein und unterstützen in den Regionen rund um unsere Standorte, in denen die Mitarbeiter:innen leben. Unser vielfältiges Engagement beinhaltet zum Beispiel Geld- und Sachspenden an örtliche gemeinnützige Organisationen, ehrenamtliches Engagement von Amazon Kolleg:innen sowie die Unterstützung von Bildungsinitiativen für Kinder und Jugendliche.
Wenn Amazon will, wird gespendet.
Ein Bauwerk, 30 Meter hoch, 320 Meter lang und 180 Meter breit
Die viergeschossige Halle hat eine Fläche von 320×180 Meter und eine Höhe von 30 Meter. In dem Zentrum sollen zwischen 1.000 und 1.600 Menschen in einem Dreischichtbetrieb zwischen 00:00 und 24:00 Uhr arbeiten. Täglich werden bis zu 220 LKW entladen und sogleich wieder beladen für die Fahrt in ein Sortierzentrum. Das sind dann 440 Fahrten von LKW durch unsere Dörfer, die ohnehin schon eine hohe Verkehrslast ertragen müssen. Hinzukommen die über 2.000 An- und Abfahrten der Beschäftigten mit privaten PKW rund um die Uhr. Und sei das nicht schon genug, werden auch noch die Lieferfahrzeuge der Unternehmen, die Amazon als „Marketplace“ nutzen, durch die Dörfer fahren. Über deren Zahl hat Amazon bisher keine Auskunft gegeben.
Wieviele Mitarbeiter müssen durchschnittlich aufstocken, also zu ihrem Gehalt bei Amazon öffentliche Leistungen wie Sozialhilfe, Hartz IV, Wohngeld… beanspruchen?
Wir schaffen an den Logistikzentren gute sozialversicherungspflichte Jobs. Amazon bietet ein attraktives Lohnpaket an allen seinen Standorten. Kein Mitarbeiter:in verdient weniger als 12 Euro brutto pro Stunde (in Oelde sind es mindestens 12,12 Euro). Nach 12 und 24 Monaten steigen die Löhne automatisch. In Oelde verdienen die Mitarbeiter:innen nach 2 Jahren über 2.800 Euro brutto im Monat (wohlgemerkt für ungelernte Tätigkeiten).
Die Frage wurde hier nicht beantwortet, dabei wäre die Antwort entscheidend für die städtischen Haushalte von Horn-Bad Meinberg, aber auch für alle Nachbarkommen und Kommunen, die im Einzugsgebiet Amazons sind.
Beteiligt sich Amazon an den Kosten für Wohnen, Schulen, Kitas in Horn-Bad Meinberg?
Amazon gründet vor Ort eine Gesellschaft und zahlt Amazon dementsprechend die anfallende Gewerbesteuer. Amazon zahlt alle Steuern, die nach deutschem und EU-Recht anfallen. Das Unternehmen unterstützt in den Regionen rund um die Standorte, in denen die Mitarbeiter:innen leben. Unser vielfältiges Engagement beinhaltet zum Beispiel Geld- und Sachspenden an örtliche gemeinnützige Organisationen, ehrenamtliches Engagement von Amazon Kolleg:innen sowie die Unterstützung von Bildungsinitiativen für Kinder und Jugendliche.
Also nein.
Gibt es eine Beteiligung am Ausbau und Unterhalt der Infrastruktur im Straßenbau?
Amazon leistet einen Beitrag zur Erschließung des Gewerbeparks Lippe mittels des Baus von Straßen und Radwegen.
Das würde mich jetzt konkret interessieren, ich dachte die Stadt finanziert diese.
Beteiligt sich Amazon an den dauerhaften, regelmäßigen Kosten für Ausgleichsmaßnahmen?
Amazon beteiligt sich sowohl an den Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in Natur und Landschaft als auch an den Kosten für die dauerhaften Artenschutzmaßnahmen. Dazu wird ein städtebaulicher Vertrag mit der Stadt Horn-Bad Meinberg geschlossen.
In den Planungsunterlagen der Stadt steht das anders. So will die Stadt z.B. die Kosten für die Ausgleichsflächen von jährlich 70.000 EUR selber stemmen.
Welche Risiken während des Bauvorhabens trägt die Stadt?
Dazu können wir keine Aussage treffen.
Stellt Amazon den ressourcenschonenden Bustransport seiner Mitarbeiter sicher oder erwartet Amazon, dass ein ÖPNV eingerichtet wird?
Wir haben ein großes Interesse an der Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Landkreis sowie des ÖPNV-Anbieters, um die Anbindung unseres Standorts sowie die des gesamten Industrieparks Lippe sicherzustellen. An vielen unserer Standorte bieten wir Jobtickets für unsere Mitarbeitenden an als zusätzliches Extra zu ihrem Lohnpaket.
Heißt Zusammenarbeit hier, dass die öffentliche Hand hier weitere Kosten übernehmen soll?
Was ist dran an dem Gerücht, dass Amazon 700 Elektroautos in der Region geordert hat?
Im Sommer 2020 gab Amazon bekannt, die Lieferflotte in Europa bis Ende des Jahres um mehr als 1.800 Elektrolieferfahrzeuge von Mercedes-Benz-Vans zu erweitern und der Automobilkonzern ist unserem Climate Pledge beigetreten. 800 Lieferfahrzeuge werden in Deutschland eingesetzt. Die Elektrofahrzeuge werden teilweise in Düsseldorf gefertigt. Wir planen die E‑Fahrzeugflotte in den kommenden Jahren weiter auszubauen.
Gibt es öffentliche Zuwendungen und Quersubventionierungen für dieses Bauvorhaben von Kommune, Kreis, Land, Bund und EU?
Amazon nimmt für dieses Bauvorhaben keine Subventionen in Anspruch.
Die Katze im Sack
Für die Stadtverordnete hat Amazon das Versprechen von Transparenz nicht eingehalten. Ammer: »Insbesondere gibt es bis heute es keine Aussage zur Höhe der zu erwartenden Gewerbesteuer oder Auswirkungen auf unsere heimische Infrastruktur und unser Gemeinwesen. Es ist zu befürchten, dass hier versteckte Subventionen an diesen Weltkonzern fließen.»
Das Ergebnis »dieser sich anbiedernden und Fakten ignorierenden Vorgehensweise der Wirtschaftsförderung und der Verantwortlichen der Stadt Horn-Bad Meinberg« könnte laut Ammer ein unter dem Strich deutlich negativer Kaufpreis nach allen Vorleistungen, Planungs- und Erschließungskosten für die Stadt sein. Dazu kämen immense Kosten für die Infrastruktur, Sozialleistungen etc. und »Ewigkeitskosten« von jährlich über 70.000 EUR plus X für die Bereitstellung von Ausgleichsflächen an einzelne Landwirte hinzu.
Die Politikerin der Linken stellt die FRage: »Warum ist die Mehrheit im Rat der Stadt Horn-Bad Meinberg so ignorant gegenüber den Risiken und Auswirkungen einer Ansiedlungvon von Amazon und will die Katze im Sack kaufen? Warum interessieren die haushaltsrelevanten Aspekte ebensowenig wie die ökologischen, menschlichen und sozialen Folgen?«
Anmerkungen
↑1 | https://www.beller-feld.de/unsere-ziele/ |
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