Es lebe der Alarmismus

Wenn es schon kei­ne eige­nen Schnee­bil­der gibt, nimmt man halt eins aus Polen (Sym­bol­fo­to! Haha!!). Der Schnee­räu­mer ist erkenn­bar rus­si­scher Pro­ve­ni­enz. Wie dumm, dass die ange­kün­dig­te Kata­stro­phe dann aus­bleibt. Ach, macht nix. Wir tun so, als wäre nix und schrei­ben ein­fach trotz­dem wei­ter drüber…

Der für die­sen Frei­tag vor­her­ge­sag­te Stark­schnee­fall in Ost­west­fa­len-Lip­pe ent­pupp­te sich mal wie­der nur als jour­na­lis­ti­scher Brech­durch­fall, getrie­ben von der Lust am Alarmismus.

Lebt ihr noch?
Hat euch der meter­ho­he Schnee schon den Gar­aus gemacht?
Weiß man, ob in Kall­dorf oder Blom­berg oder Stein­ha­gen oder Höx­ter noch jemand lebt?
Buke soll es ja schwer erwischt haben!?

Die Fra­gen sind berech­tigt. Schließ­lich wur­de ges­tern nichts Gerin­ge­res als der kal­te Welt­un­ter­gang her­bei­ge­schrie­ben, her­bei­ge­sen­det und her­bei­ge­pos­tet. Ost­west­fa­len vor dem Ende. Tod in der Schnee­we­he. Ganz Lip­pe droht zu erfrie­ren. Der blan­ke Hans wäre gegen den dro­hen­den WINTEREINBRUCH!!!!!!!!!!!!!! ein Wai­sen­kna­be. Gene­ral Win­ter mar­schiert auf! Wie damals. Sta­lin­grad. Vol­le Deckung!!!!!

Ich aller­dings fra­ge mich: Geht’s noch? [1]Ich traue mich gar nicht nach­zu­se­hen, was Tag24.de dar­aus gedreht hat!!

Mei­ne Frau wäre den media­len Alar­mis­ten bei­na­he auf den Leim gegan­gen. »Oh Gott, wie soll ich denn mor­gen bloß zur Schu­le kom­men???« ent­fuhr es ihr am Vor­abend der mör­de­ri­schen Groß­wet­ter­la­ge beim Anse­hen einer »Nachrichten«-Sendung auf dem regio­na­len TV-Sen­der WDR, wo »Repor­ter«, die gar nichts zu repor­tie­ren hat­ten, das Cha­os für die OWL-Metro­po­le und ihr Umland her­beib­arm­ten. Ich sag­te: »Du glaubst die­sen Quatsch doch nicht etwa. Das war­ten wir mal gelas­sen ab.«

Wo sind sie nur geblie­ben, die guten alten Zei­ten, als der Besuch auf dem Bau­hof mit Auf­zäh­len der gela­ger­ten Salz- und Streu­gut­vor­rä­te zum lokal­jour­na­lis­ti­schen Stan­dard gehör­te – ein­mal im Jahr, zu Win­ter­an­fang. Das war’s dann aber auch im Wesent­li­chen. Ein biss­chen Cha­os-Bericht­erstat­tung auch. Spä­ter. Anlass­be­zo­gen. Ab und zu. Ja, mei­ne Güte. Aber alles im Rah­men. Heu­te muss gar nichts mehr pas­sie­ren, um einen media­len Brech­durch­fall aus­zu­lö­sen. Und wenn das dann (unaus­weich­lich) für jeder­mann offen­bar wird, tut man ein­fach so, als habe sich die Nach­rich­ten­la­ge »wei­ter­ent­wi­ckelt«. Gefickt eingeschädelt.

Wer heu­te, wenn sich eine Schnee­flo­cke ankün­digt, nicht min­des­tens eine Mini­mal­ka­ta­stro­phe pro­gnos­ti­ziert, hat sei­nen Beruf ver­fehlt. Ich mei­ne fast zu sehen und zu hören, wie auf­ge­reg­te Jour­na­lis­tIn­nen und Con­tent­ver­wal­te­rIn­nen mit schreck­ge­wei­te­ten Augen unab­läs­sig Vor­schlä­ge in die Kon­fe­renz krei­schen, wie mit dem schreck­li­chen Glücks­fall des dro­hen­den STARKSCHNEEFALLS redak­tio­nell umzu­ge­hen sei. Dann stie­ben sie mit erns­ter Mie­ne aus­ein­an­der, um sich an ihr wich­ti­ges Werk zur War­nung der Welt zu bege­ben. Chef­re­dak­teu­re fra­gen nach einer ers­ten Sich­tung mit Lei­chen­bit­ter­mie­ne: »Sind wir schon gut?« und wackeln dann wie­der in ihre war­men Stuben.

Idio­tie – getarnt als Lebens­hil­fe in der Katastrophe.

Da müs­sen Info-Käs­ten mit hilf­rei­chem Inhalt vor­be­rei­tet wer­den – Kost­pro­be: »Immer mit mög­lichst gro­ßem Gang und nied­ri­ger Dreh­zahl fah­ren, die Kupp­lung dabei beim Schal­ten behut­sam kom­men las­sen.« Oder auch, beson­ders ein­fühl­sam geschrie­ben: »Ruck­ar­ti­ge Lenk­be­we­gun­gen ver­mei­den. Kommt das Fahr­zeug trotz­dem ins Schleu­dern, dann aus­kup­peln und gefühl­voll gegenlenken.«

Gut, dass der/die OWLe­rIn das jetzt weiß. Hof­fent­lich hat er/sie sich das aus­ge­schnit­ten (oder aus­ge­druckt) und neben das Lenk­rad geklebt. Ich fürch­te aller­dings, nicht weni­ge der Adres­sa­tIn­nen sind schon im Hoch­som­mer mit dem geschmei­di­gen Gang­wech­sel hoff­nungs­los überfordert.

Auch beru­hi­gend, dass die Stadt­ver­wal­tung im »Ober­zen­trum« mit einem beson­ders pfif­fi­gen Fahr­zeug auf­zu­war­ten weiß. Auf­ge­merkt nun also: »Eines der Fahr­zeu­ge ist ganz beson­ders aus­ge­rüs­tet wor­den – mit einem Schneeschild.«

Ein SCHNEESCHILD!!! GRUNDGÜTIGER!

Die Welt hält den eisi­gen Atem an. In Alten­be­ken sol­len sie sogar einen SCHNEEBESEN erfun­den haben. In Löh­ne expe­ri­men­tiert man dem Ver­neh­men nach mit STREUSALZ!!! War­um sind da ande­re bloß nicht drauf gekommen???

Sol­che gefin­kel­ten Vor­rich­tun­gen wird man auch künf­tig brau­chen, denn: »Für die kom­men­de Nacht wer­den 10 bis 20 Zen­ti­me­ter Neu­schnee erwar­tet. Das Tief „Egon« soll zudem orkan­ar­ti­ge Wind­bö­en und Schnee-Ver­we­hun­gen brin­gen. Auch mor­gen Vor­mit­tag muss wei­ter mit Schnee­fäl­len gerech­net werden.«

Oh Gott!!! 10 bis 20 Zentimeter!!!!!!!

Ver­dammt, ich glau­be, ich muss drin­gend mal eben die Kon­ser­ven­do­sen der Not­ra­ti­on zäh­len gehen.

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1 Ich traue mich gar nicht nach­zu­se­hen, was Tag24.de dar­aus gedreht hat!!

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